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Panorama: Er ist wieder da

Der wildernde Braunbär hat erneut Bayerns Grenzen überquert – und tötet ein halbes Dutzend Nutztiere

Zwar hatte Bayerns Landesvater Edmund Stoiber höchstselbst sich um die Causa des wildernden Braunbären bemüht. In einer schon jetzt legendären Drei-Minuten-Einlassung zum Thema „Braunbär“ bestätigte Stoiber erneut eindrucksvoll seinen Ruf als verbaler Konfusionsrat („Problembär“). Allein: Der Bär blieb in Bayern verschwunden. Eine ganze Woche blieb es still um das Tier – wie vom Erdboden verschluckt schien der Bär.

Bis zum Pfingstwochenende. Am Sonntag riss er zunächst nahe der oberbayerischen Gemeinde Klais drei Schafe und verletzte drei weitere sowie ein Ziegenkitz. Zwei der Tiere mussten notgeschlachtet werden.

Am Montag verzeichnete dann die Mittenwalder Polizei um 7.44 Uhr einen Anruf in Sachen Bär und schickte gleich eine Streife los. Als die Beamten eintrafen, sahen sie die Überreste dreier Schafe – und wussten sofort Bescheid. Nur fünf Kilometer von dem Tatort entfernt, war der Bär vor zwei Wochen schon einmal auffällig geworden. Hotelchef Josef Kemser, dem die Weide gehört, auf der die Schafherde angegriffen wurde, demonstrierte gleichwohl Gelassenheit: Es gebe, so Kemser, „keinerlei Panik“ im Haus: „Ich nehme das ganz gelassen.“ Nicht so gelassen, sondern im Gegenteil höchst animiert reagierten seine Gäste, die sich noch in der Früh mit Fotoapparaten auf den Weg machten, um den Bären wenigstens digital zu erlegen.

Dass ein normaler Tourist dem Bären näher kommen könne als ein erfahrener Jäger, glaubt Jörn Ehlers von der Umweltschutzorganisation WWF zwar nicht unbedingt. Er rät allerdings trotzdem davon ab, dass sich Menschen in Sandalen und Shorts um Mittenwald herum und im Wettersteingebirge auf die Pirsch machen. Dass der Bär den Spuren zufolge offenbar durch ein Ausflugsgebiet gelaufen ist, hält Ehlers für ein beunruhigendes Zeichen. Eine zufällige Begegnung zwischen Mensch und Tier sei nicht ausgeschlossen. So argumentiert auch das bayerische Umweltministerium. Energisch korrigierte Ehlers die Auffassung, es handle sich bei dem wahrscheinlich zwei Jahre alten Braunbären um ein Tier von ungeheuerer „Mordlust“, eine Vorstellung, an der sich vor allem Boulevardzeitungen zuletzt nicht genug hatten laben können. Das Gegenteil sei der Fall, so Ehlers. Schafe auf einer Weide seien prinzipiell leichte Beute. Dass der Bär mehr Tiere töte, als er tatsächlich zur Nahrungsaufnahme brauche, sei seinem „Spieltrieb“ zuzuschreiben. „Das ist“, sagte Ehlers, „wie wenn wir vor einem Büfett sitzen und laden uns die Teller zu voll“. Nach Angaben des Umweltministeriums werden in den nächsten Tagen Bärenjäger aus Finnland in Oberbayern erwartet, die sich mit speziell ausgebildeten karelischen Suchhunden auf die Fährte des Bären heften sollen.

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