zum Hauptinhalt
070817erdbeben

© dpa

Erdbeben in Peru: Verzweifelte Suche nach Überlebenden

Nach dem verheerenden Erdbeben in Peru hat ein Wettlauf gegen die Zeit begonnen. Unter den Trümmerbergen werden noch viele Opfer vermutet. Teilweise irren die Menschen wie in Trance ziellos umher.

Für die Helfer und Behörden geht es einerseits darum, noch möglichst viele Überlebende in dem weitgehend zerstörten Departement Ica etwa 300 Kilometer südlich der Hauptstadt Lima zu bergen. Zum anderen soll der Ausbruch von Epidemien verhindert werden. "Wenn die Leichen nicht schnell genug geborgen und korrekt abtransportiert werden, sind Seuchen wahrscheinlich", fürchtet Luis Bromley, Chef des nationalen Gerichtsmedizinischen Instituts, der mit 50 seiner Männer im Einsatz ist. Das Beben hat mehrere hundert Todesopfer gefordert.

Die Ärzte arbeiten unter schwersten Bedingungen Seite an Seite mit Feuerwehrmännern, Soldaten, Freiwilligen und Angehörigen des Zivilschutzes und von internationalen Hilfsorganisationen, mit Männern wie Norbert Haase vom Deutschen Roten Kreuz, der in der zu 70 Prozent zerstörten Hafenstadt Pisco ist. Haase bezeichnet die Lage dort als "katastrophal". Die Menschen seien alle auf der Straße. "Sie wühlen in ihrem Schutt herum, um Überlebende oder unter den Trümmern liegende Leichen zu suchen." Er glaubt, dass unter den Trümmern noch hunderte Tote liegen.

"Hoffen auf Wunder"

Sorgen bereitet in Pisco vor allem das Schicksal von rund 300 Menschen, über denen die Kirche San Clemente wie ein Kartenhaus zusammenbrach. Aus den Trümmern wurden dort bisher nur einige Menschen gerettet und auch relativ wenige Leichen geborgen. "Der Kopf sagt, dass es kaum noch möglich ist, aber wir hoffen auf Wunder, damit wir weitere Überlebende finden", meint ein Feuerwehrmann. Die vorerst letzten Überlebenden wurden in Pisco am Donnerstagabend Ortszeit aus einem Erd-, Geröll- und Holzhaufen gerettet. Bald darauf wurde es jedoch dunkel, und die Sucharbeiten mussten wegen der immer noch fehlenden Stromversorgung deutlich eingeschränkt werden. Nachts wird es zudem sehr kalt. Familien machen neben plattgedrückten Autos und umgekippten Masten Lagerfeuer.

"Die Zahl der Todesopfer wird wohl noch erheblich zunehmen", glaubt auch der Abgeordnete Edgard Núñez, selbst von einer schier unglaublichen Familientragödie betroffen. Beim Beben verlor er in Pisco seine Ehefrau, seine Schwiegermutter und drei weitere Angehörige. Sie alle waren unter den Gottesdienstteilnehmern. Zwei weitere Verwandte von Núñez gelten wie Hunderte andere als vermisst. Der Hauptplatz der 60.000-Einwohner-Gemeinde glich laut Medien einem "Leichenschauhaus unter freiem Himmel". Vor Ort verfolgt auch Staatschef Alan García die Rettungsarbeiten.

Reporter berichten von "Chaos total"

Medien berichteten, dass in Pisco, ebenso wie in den zwei anderen am schwersten betroffenen Städten, Chincha und Ica, viele Menschen wie in Trance ziellos umherirren. "Ich habe zwei tote Angehörige aus den Trümmern geborgen, aber andere sind dazu nicht in der Lage, viele verkraften das seelisch nicht", meinte im Fernsehen ein Mann namens Alberto. Martín Tumay, Reporter der Zeitung "El Comercio", berichtet von "Chaos total". "Menschen brechen auf der Straße in Tränen aus, sind völlig hilflos, und ich sehe keinen einzigen Polizisten, der ihnen hilft, den Verkehr und das Leben hier regelt." Es gebe kaum Trinkwasser, Decken und und Lebensmittel.

DRK-Mann Haase sieht "in den Augen, dass die Leute hier völlig geschockt sind. Sie werden die nächsten Tage auf der Straße verbringen müssen, weil viele, viele Häuser einfach nicht bewohnbar sind." Hilfe ist für Pisco unterdessen per Schiff und mit Flugzeugen unterwegs. Sie gestalte sich, glaubt Haase, dennoch sehr kompliziert, weil die Zufahrtswege unbefahrbar seien.

Emilio Rappold[dpa]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false