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„Das Restaurant trifft keine Schuld.“ Das Traditionslokal „Kartoffelkeller“. Foto: dapd

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Panorama: Es gab Steak und Salat

Bei der Suche nach der Ehec-Quelle ist der Lübecker „Kartoffelkeller“ in den Mittelpunkt geraten

Der „Kartoffelkeller“ ist typisch für das alte Lübeck. Gerne laden die Lübecker ihre Gäste von außerhalb in das Traditionslokal ein. Das steinerne Gewölbe befindet sich unterhalb des HeiligenGeist-Hospitals. Die Gäste können auch wunderschön draußen sitzen.

Bei der detektivischen Suche nach der Quelle der Ehec-Infektionen ist der „Kartoffelkeller“ jetzt in den Mittelpunkt der Untersuchungen gerückt. Hier aßen drei Gruppen, in denen es später 17 Ehec-Fälle gab. Das Lokal wurde von den Gesundheitsbehörden bereits untersucht – nach Angaben des Gastronoms Joachim Berger aber ohne Befund. Die Behörden haben dort also offenbar keine Ehec-behafteten Lebensmittel gefunden. Der Gastronom sagte am Samstag dem ZDF, bei den drei Gruppen handele es sich um eine dänische Reisegruppe, eine Gewerkschaftsgruppe und eine Familie, die Mitte Mai in seinem Lokal zu Gast gewesen seien. Serviert worden sei damals unter anderem Steak und Salat. Aus der Gewerkschaftsgruppe ist eine Frau gestorben, zwei sind schwer erkrankt. „Die waren aber drei, vier Tage in Lübeck und haben somit nicht nur bei uns gegessen“, sagte Berger. Anfang der Woche seien Hygiene- und Reinigungspläne sowie Lieferwege kontrolliert worden, berichtete Bergers Küchenchef Frank Michel der dpa. Nach Bergers Worten stehen noch die Ergebnisse von Stuhlproben aus, die alle Mitarbeiter hätten abgeben müssen. Sie sollen am heutigen Montag vorliegen. Michel sagte, die Belegschaft werde mit demselben Essen versorgt wie die Gäste, und niemand sei erkrankt. Berger sagt, er beziehe seine Ware von einem Zwischenhändler aus Mölln, der wiederum vom Großhandel in Hamburg beliefert wird. Nun beginnt eine Sisyphusarbeit bei der Auswertung vieler relevanter Lieferpapiere des Restaurants und von den Zulieferern. Küchenchef Michel sieht sich selbst als Opfer der Ehec-Krise. „Wir sind als Restaurant selbst Endverbraucher und von unseren Lieferanten abhängig.“

„Um keinen Preis werden wir den Namen des Restaurants nennen“, hatte Lübecks Stadtsprecher Marc Langentepe noch am Mittag dem Tagesspiegel gesagt. Später äußerte sich der betroffene Gastronom gegenüber dem ZDF.

Das Restaurant trifft keine Schuld, allerdings kann die Lieferantenkette möglicherweise den entscheidenden Hinweis geben, wie der Erreger in Umlauf gekommen ist“, wird Werner Solbach, Mikrobiologe am Universitätsklinikum Lübeck, in den „Lübecker Nachrichten“ zitiert.

Tausende Besucher strömten am Samstag durch Lübeck. Bei traumhaftem Wetter versammelten sie sich, um den Luxusliner „Queen Elizabeth“ zu feiern, der zu seiner Deutschlandpremiere für einen Tag in Lübeck-Travemünde anlegte. Viele Kreuzfahrer nutzten die Zeit für einen Stadtspaziergang. Selbst die, die vom Schiff kamen, wussten genau Bescheid. „Die Spur führt nach Lübeck“ – diese Nachricht hatte sich überall herumgesprochen. Nur das genaue Lokal war tagsüber noch nicht bekannt. Die Besucher schienen wenig beeindruckt. Die Restaurants und Lokale der Stadt waren voll von hungrigen und durstigen Gästen. Allerdings spricht die Bedienung eines Lübecker Restaurants von einem Rückgang um 30 Prozent in den letzten Tagen. Das Restaurant heißt „Tomate“.

Die beiden US-Studentinnen am Holstentor wissen über Ehec Bescheid. „Wir rühren keinen Salat an.“ Die Mutter einer der beiden hatte sie per Mail aus den USA gewarnt. Auch die Landgänger der „Queen Elizabeth“ zeigten sich informiert. „Vorsicht ja, aber keine Panik“, so lautete der Kommentar eines Endsechzigers aus Florida. Eine schwedische Sängergruppe sagt, sie habe im Restaurant Wurst gegessen und Salat liegengelassen. Zwei dänische Ehepaare lassen sich nicht beirren. Sie essen Salat in einem Restaurant, das von einem Dänen betrieben wird. Er schwört, er beziehe seine Ware aus Dänemark.

In Berlin registrierte die Senatsgesundheitsverwaltung bisher 31 Ehec-Infektionen und 16 Fälle des durch Ehec hervorgerufenen, besonders schwer verlaufenden hämolytisch-urämischen Syndroms (Hus). In Berlin gilt auch weiterhin die Warnung vor dem Verzehr von Salat, rohem Gemüse, Rohmilch sowie rohem Fleisch. Vor allem auf die Hygiene wie Händewaschen weist Behördensprecherin Regina Kneiding hin. Die bezirklichen Lebensmittel- und Veterinäraufsichtsämter hätten in der Hauptstadt bisher 180 Proben bei Salaten, Tomaten und Gurken entnommen. Bei rund 125 Proben habe es bisher keinen Befall von Ehec-Keimen gegeben, sagte Kneiding am Sonnabend. Am Montag werde es eine Telefonkonferenz zwischen den Bundesbehörden, dem Robert-Koch-Institut und der Berliner Infektionsschutzbeauftragten Marlen Suckau geben. In Brandenburg wurden bis Sonnabendnachmittag keine neuen Verdachtsfälle gemeldet, sagte die Sprecherin des Potsdamer Gesundheitsministeriums, Alrun Kaune-Nüßlein. mit dpa, AFP, dapd

 Dieter Hanisch[Sabine Beikler], Lübeck[Sabine Beikler], Sandra Daßler

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