zum Hauptinhalt

Panorama: Flammen ohne Grenzen

Portugal ruft um Hilfe. Das Land ist nicht in der Lage, die Brände zu bekämpfen. Die greifen jetzt auf Spanien über

„Nur göttliche Hilfe kann uns noch retten", sagt einer jener Piloten, die mit ihren Löschflugzeugen dicht über das Flammenmeer fliegen und jedes Mal rund zehntausend Liter Wasser auf diese Hölle unter ihnen abwerfen. „Die Wassermassen verdunsten, noch bevor sie auf dem Boden ankommen." 40 Löschflugzeuge und Hubschrauber aus Portugal, aus Marokko, aus Italien und Deutschland versuchen hier, im Zentrum und im Osten Portugals, das Unmögliche: die größte Feuerwalze, an die sich die Portugiesen erinnern können, aufzuhalten.

„Portugal steht in Flammen", titeln die Tageszeitungen. Der konservative Regierungschef Jose Manuel Durao Barroso rief mit seinem Krisenkabinett den „nationalen Katastrophenzustand" aus. Europa wurde um Löschhilfe und um Geld gebeten. Die Waldbrände, die an über 70 Fronten im ganzen Land wüten, sind außer Kontrolle. Neun Menschen verbrannten, Dutzende wurden verletzt, von hunderten Häusern blieben nur verkohlte Gerippe. Der abgebrannte Wald aus Portugals berühmten Kork- und Steineichen soll schon der Fläche von 40000 Fußballfeldern entsprechen. Mit am schlimmsten hat es die östliche Region Castelo Branco getroffen, die gleich an Spanien grenzt. „Alles brennt", ruft der Bürgermeister des Ortes Macao mit Tränen in den Augen. Ohnmächtig muss Saldanha Rocha zusehen, wie eine riesige Flammenwand ein Haus nach dem anderen verschlingt. „Helft uns", brüllte er in den Telefonhörer. Doch weder Löschflugzeuge, noch Feuerwehrmänner kamen, um sein Dorf zu retten. Die Menschen sind in Panik, schützen sich mit Taschentüchern vor dem Mund, versuchen verzweifelt, sich mit Gartenschläuchen, Decken und Schaufeln den Flammen entgegenzustellen.

Vergeblich.

3000 schlecht ausgerüstete Feuerwehrleute und 500 Soldaten bekämpfen das Flammenmeer im portugiesischen Hinterland. 15 der 18 Regierungsbezirke sind von der Katastrophe bereits betroffen. Nur die Regionen von Lissabon, Faro und Aveiro blieben bisher verschont. Regierungschef Durao Barroso beschuldigte Brandstifter, verantwortlich zu sein. Einige Verdächtige seien bereits verhaftet worden. Doch die Feuerwand wird auch begünstigt durch Schlampereien der Behörden: Die Wälder werden nicht gepflegt, brandhemmende Schneisen, Löschteiche und Brandschutzmaterialien sind Mangelware. Dafür muss nun auch Spanien mitbüßen, nachdem das Feuer über die Grenze in die Region Extremadura übersprang und dort begann, ebenfalls grossflächig Wälder zu vernichten und Ortschaften zu bedrohen. In Spanien, das auf diese sich jedes Jahr wiederholenden Feuerkatastrophen besser vorbereitet ist, wurden die letzten Tage rund 10000 Hektar Wald ein Raub der Flammen. Die Waldbrände auf der Iberischen Halbinsel werden begünstigt durch eine beispiellose Hitzewelle. Temperaturen von bis zu 46 Grad im Schatten und geringe Luftfeuchtigkeit sorgen für ein wüstenartiges Klima, das von Afrika herübertrieb.

Ralph Schulze[Madrid]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false