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Fliegen: Angst in der Luft

Schweiß auf der Stirn, Zittern, krampfhaftes Festhalten der Armlehnen: die Angst vorm Fliegen ist ein weit verbreitetes Problem. Experten helfen Betroffenen in Seminaren.

Es werden Tabletten geschluckt, um den Flug schlafend zu überstehen, es wird Alkohol getrunken, um die Nerven zu beruhigen. Die Ursachen der Angst werden so nicht aus der Welt geschafft, nur die Symptome werden bekämpft. Dass dies nicht so sein muss, dafür werben die Agentur Texter-Millot oder das Deutsche Flugangst-Zentrum (DFAZ). Im Angebot haben sie „Seminare für entspanntes Fliegen".

Die Agentur Texter-Millot, deren Kooperationspartner die Lufthansa ist, beschäftigt ein Team von zehn Psychologen und zwanzig Piloten, um den Seminarteilnehmern die Angst zu nehmen – sowohl durch die psychologische Betreuung, als auch durch einen Theorieteil, in dem ein Pilot den Teilnehmern Rede und Antwort steht.

„Durch die Einnahme von beruhigenden Medikamenten wird die Kontrolle über den eigenen Körper abgegeben“, sagt die Diplom-Psychologin Antonia Arboleda-Hahnemann. „Wir bringen den Menschen bei, ihre Angst selbstständig zu kontrollieren.“ So komme vor allem die Technik der progressiven Muskelentspannung zum Einsatz, die im Gegensatz zum autogenen Training schneller erlernt werden kann – was aufgrund der begrenzten Seminarzeit von einem Wochenende nötig ist. Hierbei erfolgt die abwechselnde An- und Entspannung verschiedener Muskelpartien. Durch den dabei auftretenden Kontrast und die Konzentration darauf ist die gefühlte Entspannung intensiver als ohne vorherige Anspannung. Das typische Symptom, wie gelähmt im Airliner zu sitzen, kennt jeder Betroffene. Bewegung spiele deshalb ebenfalls eine große Rolle für die Bewältigung der Angst, sagt die Psychologin aus Hamburg. „Wir führen zudem Flughafenbesichtigungen durch, gehen direkt in die Flugzeuge und lassen die Teilnehmer Entspannungsübungen am Ort absolvieren.“ Schon der Aufenthalt in einem Flugzeug bereite vielen Betroffenen erhebliche Schwierigkeiten, da sie dieses Fortbewegungsmittel lange gemieden haben, oder ihre Flüge nur unter erheblichem Medikamenteneinfluss antreten konnten. Die Vermittlung von positiven Gedanken hilft ebenfalls. „Der Passagier muss erkennen, dass beispielsweise eine Turbulenz für ihn selbst zwar unangenehm sein kann, für das Flugzeug aber ungefährlich ist“, sagt Arboleda-Hahnemann.

Nach Angaben der Agentur Texter-Millot liegt ihre Erfolgsquote bei 96 Prozent. Nur sehr wenige Teilnehmer würden den Linienflug, mit dem das Seminar abschließt, nicht antreten. Vielmehr überwiege ein Gefühl des neu gewonnenen Vertrauens und des Triumphes über die eigene Angst.

Verstärken tragische Ereignisse wie der aktuelle Absturz der Air-France-Maschine die Flugangst? „Ein Mensch, der noch nie Flugangst hatte, entwickelt diese nicht plötzlich, weil er in den Nachrichten von einem Flugzeugunglück hört“, sagt Aboleda-Hahnemann. Als Beispiel nennt sie den Autofahrer, der an einer Unfallstelle vorbeifährt. „Dieser wird auch nicht plötzlich mit dem Autofahren aufhören, sondern weitermachen. Ein Mensch aber, der schon immer Angst vorm Autofahren hatte, wird sich dagegen in seinem Gefühl bestärkt sehen.“

Laut Statistik liegt das Flugzeug in puncto Sicherheit weit vor dem Auto. Somit kann man sich wohl damit beruhigen, dass das Gefährlichste am Fliegen die Autofahrt vom Flughafen nach Hause ist. Aber wer lässt sich schon beruhigen.

Sven Bischoff

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