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Panorama: Frisch aus der Eiszeit

Jake Gyllenhaal ist 23 Jahre alt und Hollywoods Hoffnung – er spielte die Hauptrolle im Klimathriller

Die Welt muss er einstweilen nicht retten. „Überstehn ist alles“ heißt es schon bei Rilke. Und dies ist ungefähr die Rolle, die Jake Gyllenhaal in Roland Emmerichs Katastrophenthriller „The Day After Tomorrow“ übernehmen muss. Vor allem rennt er weg: Zuerst vor den Erziehungsversuchen seines Filmvaters Dennis Quaid, dann vor den Mädchen, und vor den Flutwellen, Tornados und Eisstürmen, die New York zerstören. Mitten in der neuen Eiszeit ist Gyllenhaal dann am Ende der junge Überlebende, die fleischgewordene Hoffnung der Menschheit, dass es nach dem Weltuntergang weitergeht.

Eine große Hoffnung ist Gyllenhaal zur Zeit auch für Hollywood. Johnny Depp ist längst über 40, Tobey Maguire wird bald 30 und selbst Leonardo di Caprio ist nicht mehr ganz taufrisch – da kommt einer wie der 23-jährige Gyllenhaal gerade recht. Denn die Industrie verlangt frische Gesichter, und jede Teenagergeneration braucht ihren Traumboy. Auch darum wird in den großen Studios der Westküste derzeit kaum ein Name so heiß gehandelt wie seiner. Produzenten und gute Regisseure überhäufen ihn mit Angeboten, und schon jetzt ist klar, dass wir ihn bald auf der Leinwand wieder sehen werden, in den Filmen von Neil Jordan („Interview mit einem Vampir“), Stephen Hopkins („24“) und Ang Lee („Tiger & Dragon“).

Woher dieses Interesse? Auf den ersten Blick – allerdings nur auf den ersten – scheint Jake Gyllenhaal dem Ideal gar nicht zu entsprechen. Ziemlich schüchtern und ein bisschen müde sieht er aus, hat eine miserable Haltung – hochgezogene Schultern, schiefer Kopf –, dass einem unwillkürlich all jene Sprüche einfallen, die einem Mütter gern hinterherrufen: „Junge, halt Dich gerade!“ Muskeln sind nicht zu sehen, weich und bleich sieht er aus, ein bisschen so, wie man sich einen typischen Nerd vorstellt, einen spätpubertierenden Jungen, der zuviel vorm Computer hängt, und immer nur Softdrinks schlürft.

Völlig falsch, dieser Eindruck. Sobald er den Mund aufmacht, weiß man das auch. Dann ist nämlich der traurig-müde Blick durch ein waches Blinzeln abgelöst und Jake entpuppt sich als ironischer und intelligenter Mensch. „Dennis Quaids Sohn – sagt das nicht genug über meine Rolle?“ Man merkt das auch an der Art, in der er über seine Eltern oder seine Begegnung mit Paul Newman spricht, der ihm seine erste Fahrstunde gab. Oder wenn er erzählt, wie sehr er Filme mit einfachen Botschaften „hasst“: „Wenn es da immer heißt: ,Liebe kennt keine Grenzen’, ist das Quatsch. Wenn das stimmt, soll man Schwule doch heiraten lassen.“

Wie er zum Film kam, das ist tatsächlich eine Geschichte, wie man sie schon tausend mal gehört hat: Seine Mutter ist Drehbuchautorin, sein Vater Schauspieler. Man kennt ihn vor allem aus ganz passablen TV-Serien. So wuchs Jake wie seine ebenfalls schauspielernde ältere Schwester Maggie („Mona Lisa Smile“) in einem Milieu auf, in dem es ständig um Film ging. Natürlich rieten ihm die Eltern ab, meinten er sollte doch etwas Vernünftiges lernen. Aber wenn man schon als Kind Paul Newman die Hand drücken darf, dann fehlen den Eltern schnell die Argumente dafür, was denn so schrecklich ist am Schauspielerleben. Schon mit elf Jahren bekam Jake seine erste Rolle. Danach folgten jedes Jahr ein, zwei Filme. Vor vier Jahren kam dann der erste Paukenschlag: In „Donnie Darko“ spielte er einen Heranwachsenden, der von merkwürdigen Visionen geplagt und allmählich verrückt wird. Mehrfach hat er solche „problematischen Teenager“ gespielt, ebenso zweimal junge Liebhaber älterer Frauen, wie in einem bemerkenswerten Auftritt in „The Good Girl“ an der Seite von Jennifer Aniston. Im richtigen Leben ist er seit eineinhalb Jahren mit seiner Kollegin Kirsten Dunst zusammen.

Ein richtiger Kinoheld ist Gyllenhaal einstweilen noch nicht. In Emmerichs Film sitzt er vor allem in der New York Library und verbrennt Bücher, um es warm zu haben. Ob das nun die richtige Botschaft ist für das kommende Jahrtausend, davon ist Gyllenhaal auch nicht überzeugt. „Ich lese jedenfalls gern. Alle Leute sollten mehr lesen.“ Einstweilen bleibt er also ein Sonnyboy. Aber man kann sicher sein, dass es nicht mehr sehr lange dauert, bis Jake Gyllenhaal auch die Welt retten muss.

Jake Gyllenhaal, der eigentlich Jacob heißt, wurde 1980 in Los Angeles geboren. Mit elf Jahren erlebte er sein Kinodebüt.

An der Seite von Dustin Hoffmann spielte Gyllenhaal vor zwei Jahren in „Moonlight Mile“ einen verhinderten Schwiegersohn, dessen Braut kurz vor der Hochzeit ermordert wurde.

Mit 20 studierte er zwei Jahre an der New Yorker Columbia University. Seitdem arbeitet er ganz als Schauspieler. Seine Vorbilder sind Sean Penn und Cate Blanchett.

Jakes Schwester

Maggie ist auch eine bekannte Schauspielerin – zuletzt spielte sie in John Sayles „Casa de los Babys“ und in dem Julia-Roberts-Film „Mona Lisa Smile“. rsu

Rüdiger Suchsland

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