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Panorama: Fromme Ferien

Türkische Hotels bieten Muslimen glaubensgerechten Service – und die Bademodenhersteller ziehen mit

Hohe Betonwände und blickdichte Zäune: Das hermetisch nach außen abgeriegelte Frauenschwimmbad im Hotel „Schah Inn Club“ im südtürkischen Alanya sieht auf den ersten Blick nicht gerade aus wie ein attraktives Ferienziel. Männer dürfen nicht zusammen mit ihren Ehefrauen in den Pool springen, sondern bleiben am eigenen Schwimmbad unter sich. Im „Schah Inn“ gibt es auch keinen Alkoholausschank, keine Disko und erst recht keine frivolen Poolspiele. Dennoch hat das „Schah Inn“ Erfolg. Denn das Hotel will keine sonnenhungrigen Touristen aus Westeuropa anziehen, sondern fromme Muslime, die nach den Regeln ihres Glaubens Urlaub machen wollen.

Das Hotel für 1200 Menschen ist ausgebucht, und viele Kunden kommen seit Jahren. Geschützt vor allen männlichen Blicken könnten die frommen Frauen in Hotels wie dem „Schah Inn“ sogar oben ohne am Pool entspannen, berichtete das türkische Zeitgeist-Magazin „Tempo“, das ein aus der Luft geschossenes Foto des von festungsartigen Mauern umgebenen Frauenpools im „Schah“ veröffentlichte. Die sonst stets streng mit Kopftuch und langen Mänteln bekleideten Damen ließen am Schwimmbad des Fünf-Sterne-Hotels die Hüllen fallen, meldete das Magazin.

Was immer tatsächlich hinter den hohen Mauern des „Schah Inn“ vor sich geht: Die Branche der korankompatiblen Hotels und Bademoden kann zwar noch längst nicht mit der Konkurrenz mithalten, die sich an nichtfromme Türken und westliche Ausländer richtet. Doch das Angebot wächst beständig, besonders seit dem Machtantritt der gemäßigt-islamischen Regierungspartei AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Ende 2002. Fromme Moslems in der Türkei treten heute selbstbewusster auf als noch vor wenigen Jahren. In einigen Hotels an der türkischen Riviera, die auf den neuen Besuchertyp warten, wurden die hauseigenen Nachtclubs zu Moscheen umgebaut, die in keinem Islam-Hotel fehlen dürfen.

Selbst wenn es keine schützenden Mauern gibt, müssen gläubige Türkinnen und Türken nicht auf den Badespaß im Sommer verzichten. Die Firma Hasema Tekstil im frommen Istanbuler Stadtteil Fatih hat sich auf gottgefällige Bademoden spezialisiert. Und Hasema-Chef Mehmet Sahin geht mit der Zeit. In früheren Jahren bot er seinen Kundinnen für den Strandbesuch das Modell „Fish Girl“ an, eine Kombination aus wassertauglichem Kopftuch, weit fallendem Oberteil und langer Hose. Nur Gesicht, Hände und Füße sind nackt. Sich bräunen können die Gläubigen trotzdem – viele Textilien sind blickdicht, aber UV-durchlässig.

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