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Panorama: Für Bayern geht es um die Wurst

Falscher Steuerbescheid führt zu skurrilem Prozess

Es ist die Sommerlochgeschichte der Saison, und der Freistaat Bayern macht dabei eine etwas kuriose Figur. So wie es aussieht, wird er am Mittwoch vor dem Landgericht München mit Pauken und Trompeten einen Prozess verlieren, den er sich ohne Not eingebrockt hat.

Als eine Imbissbudenbesitzerin beim Finanzamt München II anrief, weil ihr irrtümlich ein Steuerbescheid von mehr als zwei Milliarden Euro zugestellt worden war, reagierten die Beamten nicht. In Wirklichkeit hätte sie nur 108 Euro und 32 Cent aufbringen müssen. In ihrer Not wandte sich die Frau an einen Steuerberater. Da das Finanzamt trotz eines Hinweises von sich aus den Fehler nicht korrigierte, musste er innerhalb der Einspruchsfrist Einspruch einlegen. Eigentlich war das nur ein simpler Brief. Allerdings berechnet sich das Honorar eines Steuerberaters nach dem Streitwert. Die Imbissbudenbesitzerin muss ihm demnach über 2,5 Millionen Euro plus Mehrwehrtsteuer zahlen, die sie vom Freistaat einklagen will. Um nicht zusätzlich noch hohe Prozesskosten fürchten zu müssen, hat die Frau ihre Forderungen an zwei Anwälte abgetreten, die klagten.

Für den Freistaat sieht es schlecht aus, wenn am Mittwoch die Verhandlung beginnt. „Wir wissen auch nicht wirklich, was das Finanzamt gegen die Klage vorbringen will“, sagt Gerichtssprecher Frank Toll.

Das bayerische Finanzministerium nannte das Verhalten des Steuerberaters in einer Stellungnahme fragwürdig. Die Finanzverwaltung habe ihm eindeutig zugesichert, „dass der Bescheid rechtzeitig korrigiert wird“, erklärte das Ministerium. Das sieht das Gericht möglicherweise anders. Selbst heute sei der Bescheid offiziell noch nicht aufgehoben worden, sagt Gerichtssprecher Frank Toll.

Immerhin gestand das Ministerium neben seiner Kritik am Steuerberater auch die eigenen Fehler ein: „Das Finanzministerium bedauert ausdrücklich, dass sowohl bei der Festsetzung der Umsatzsteuer offensichtlich Fehler gemacht worden sind als auch die Korrektur des Fehlers der Steuerpflichtigen und ihrem Steuerberater nicht schnellstmöglich mitgeteilt wurde.“

Hätte der Steuerberater, dessen Verhalten das Ministerium fragwürdig findet, die von der Behörde selbst festgelegte Einspruchsfrist ignorieren sollen? Hätte er gegenüber der Behörde kulant sein sollen? Wie kulant sind umgekehrt Finanzämter, wenn ein Steuerzahler die Einspruchsfrist nicht einhält?

Die Rechtslage ist eindeutig. Wer sich nicht gegen einen Steuerbescheid wehrt und einfach die Zahlung verweigert, bis er gemahnt wird, dem entsteht eine sogenannte Säumnisgebühr. Diese richtet sich wiederum nach der Höhe der ursprünglichen Steuerforderung, wie Gerichtssprecher Frank Toll erklärt. Diese Säumnisgebühr ist in jedem Fall fällig. Die Frau hätte demnach riskiert, dem Finanzamt zwei Millionen Euro zu schulden. Ein ziemlich hohes Risiko, um gegenüber einer Finanzbehörde kulant zu sein.

Petra Viebig

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