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Fourniret

© dpa

Gerichtsverhandlung: Der Serienmörder schweigt und spielt

Das "Monster der Ardennen“, Michel Fourniret, ärgert zum Prozessbeginn Richter und Öffentlichkeit. Er muss sich wegen des Mordes an sieben Mädchen und jungen Frauen verantworten. Seine Frau ist mit angeklagt.

Michel Fourniret versucht es noch einmal. Drei Jahre lang hat der Angeklagte mit Polizei, Staatsanwalt und Untersuchungsrichter Katz und Maus gespielt, seine Taten geleugnet, dann aber, wenn die Beweise gegen ihn erdrückend wurden, Stück für Stück Geständnisse abgelegt und die Ermittler wie ein Schulmeister über ihr weiteres Vorgehen belehrt.

Vor dem Schwurgericht in Charleville-Mezieres (Nordostfrankreich), vor dem er sich wegen des Mordes an sieben Mädchen und jungen Frauen verantworten muss, hat sich Michel Fourniret ein neues Spiel ausgedacht: Als der Vorsitzende Richter ihn gestern, wie bei Prozessbeginn üblich, nach Namen, Geburtsdatum und Beruf fragte, blieb er stumm. Stattdessen hielt Fourniret ein Blatt Papier mit der Aufschrift „Ohne Ausschluss der Öffentlichkeit kein Wort“ an die Scheibe des kugelsicheren Glaskastens, in dem er neben seiner mitangeklagten Frau Monique Olivier auf der Anklagebank Platz genommen hatte. Darauf schwenkte er eine Papierrolle mit einer „Erklärung“ und bat den Richter, sie zu verlesen. „Sehr schön, ich nehme das zur Kenntnis und gebe es zu den Akten“, sagte dieser und setzte die Verhandlung mit der Vernehmung zur Person der wegen eines Mordes und der Mittäterschaft bei mindestens vier weiteren Morden angeklagten Monique Olivier fort.

Der Prozess in der nahe der belgischen Grenze in den Ardennen gelegenen Stadt stellt eine Premiere in der Justizgeschichte Frankreichs dar. Zum ersten Mal steht ein Ehepaar vor Gericht, das die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung von Mädchen und jungen Frauen gemeinsam geplant und ausgeführt hat. Ihre Taten begingen die beiden zwischen 1987 und 2001. Sieben Morde hat Fourniret gestanden, wegen zwei anderer wurde gegen ihn in einem abgetrennten Verfahren Anklage erhoben, in 30 weiteren Fällen wird noch gegen ihn ermittelt. Auf die Spur der „Monster der Ardennen“, wie Fourniret und seine Komplizin bald genannt wurden, kam die belgische Polizei 2003. Ein 13-jähriges Mädchen hatte sich bei Beauraing in der Wallonie aus seinem Lieferwagen befreien und den Beamten das Nummernschild des Fahrzeugs angeben können. Es dauerte aber noch ein Jahr, bis die Ermittler das Ungeheuerliche dieser Mordserie entdeckten sollten. Aus Angst, dass es ihr ähnlich ergehen könnte wie der zu 30 Jahren Haft verurteilten Frau des belgischen Kinderschänders Marc Dutroux, hatte sich die heute 59-jährige Monique Olivier schließlich entschlossen auszupacken. Sie hatte Fourniret geholfen, die zwischen zwölf und 21 Jahre alten Opfer in die Falle zu locken, und eines von ihnen selbst mit einem Kissen erstickt.

Kennengelernt hat sich das mörderische Paar vor über zwanzig Jahren durch einen Briefwechsel. Fourniret, der wegen sexueller Nötigung eine mehrjährige Strafe absaß, hatte in einer katholischen Zeitschrift eine Kontaktanzeige aufgegeben. Die zweifach geschiedene Olivier antwortete, vermutlich in der Hoffnung, nach ihren gescheiterten Ehen doch noch das Glück zu finden. Als er 1987 wegen guter Führung freikam, schlossen „Natuschka“, wie der für Dostojewski schwärmende Fourniret sie nannte, und der „Tiger“, wie sie ihn wegen seiner Gier nach Sex mit Jungfrauen anredete, einen „kriminellen Pakt“, wie es in der Anklageschrift heißt. Er versprach, ihren vorigen Mann zu töten, was er dann aber doch nicht tat, sie wollte ihn dafür bei der „Jagd nach Jungfrauen“ unterstützen.

Als „kalt“ und „voller Verachtung“ für seine Opfer haben Psychiater in der Untersuchung den ehemaligen Industriezeichner und Waldarbeiter vorgefunden. Dass er jetzt durch Schweigen seinen Prozess zu boykottieren versucht, empört die Hinterbliebenen der Opfer. „Das ist eine weitere Verhöhnung der Opfer“, sagte Marie-Noelle Bouzet, die Mutter eines von ihm missbrauchten Mädchens.

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