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Gesundheit: Bei Rot bebt die Erde

In Kalifornien wird ein Vorwarnsystem entwickelt. Die Gefahr ist auf einer farbigen Landkarte ablesbar

Mit den Daten, die Seismografen rund um die Erde ausspucken, können Forscher genau sagen, wo ein Erdbeben stattfand und wie stark es war. Von Vorhersagen, wann und wo ein Erdbeben zu erwarten sei, sind sie aber noch weit entfernt.

„Wir müssen zuverlässige Vorzeichen finden“, sagt Heiko Woith vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ). Es gebe zwar viele Behauptungen über Vorzeichen von Erdstößen, doch einer wissenschaftlichen Prüfung hielt bisher gerade eine Hand voll stand. Schwankungen des Grundwasserspiegels etwa oder verstärkter Austritt des Gases Radon aus dem Untergrund kurz vor einem Beben. „Die fünf Vorzeichen, die nicht durchfielen, erhielten in Schulnoten ausgedrückt gerade ein Ausreichend“, sagt Woith.

Die Phänomene könnten zwar Erdbeben ankündigen, sie müssten aber weiter erforscht werden. Völlig überraschend kommen Erdbeben dennoch nicht. Geowissenschaftler können abschätzen, wie groß die Gefahr eines Bebens in einer bestimmten Region ist. Seit Mai gibt es für Kalifornien sogar eine Erdbebenwetter-Karte. Darauf wird in verschiedenen Farben das Bebenrisiko für die nächsten 24 Stunden angegeben. Meist zeigt die Karte höchstens eine Wahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent.

Hinter den verschiedenen Farben der Erdbebenwetter-Karte stecken aufwändige Rechnungen und jahrelange Beobachtungen unterschiedlich heftiger Erdstöße. So stellten die Forscher fest, dass häufig mehrere Beben hintereinander stattfinden. Beginnt eine solche Serie, steigt die Gefahr für weitere Erschütterungen. „Wenn wir ein kleineres Vorbeben messen, besteht ein Risiko von zehn Prozent, dass binnen drei Tagen ein größeres folgt“, erklärt Stefan Wiemer von der ETH Zürich, der das Prognosesystem mitentwickelt hat.

Während der kurzen Zeit, in der es die Risikokarte bereits gibt, blieb Kalifornien von großen Beben verschont. Die Treffsicherheit der Prognosen wird nun anhand kleinerer Erdstöße ausgewertet. Die Erfahrungen sollen auch in eine Erdbebenwetter-Karte für Europa fließen. „Dennoch wird es Beben geben, die mit unseren statistischen Modellen nicht vorhersehbar sind“, warnt Wiemer vor falschem Optimismus.

Andere Wissenschaftler stützen ihre Prognosen eher auf die Geschwindigkeit der driftenden Erdplatten. Sie beobachten zudem, wie sich die Spannungen in der Erdkruste verändern. So berechneten die GFZ-Forscher die Wahrscheinlichkeit eines schweren Bebens im Großraum Istanbul in den nächsten 30 Jahren mit 60 Prozent. Die verschiedenen Ansätze werden derzeit in Kalifornien getestet, um die Berechnungen weiter verfeinern zu können. Wiemer hofft, dass die Prognosen in 20 Jahren genau genug seien, um beispielsweise vor Reisen in bestimmte Regionen warnen oder über Evakuierungen entscheiden zu können.

Gleichzeitig suchen die Wissenschaftler weiter nach zuverlässigen Vorzeichen eines Bebens, um einer echten Vorhersage näher zu kommen. Die oft genannten Tiere dürften es kaum werden. „Warum sollte die Schlange Erdbeben spüren“, fragt Wiemer? Ihr Bau fällt nicht ein, es ist also unnötig, vorher gewarnt zu werden. Nur Menschen haben begründetes Interesse an einer Vorhersage. Sie bauen Häuser.

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