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Gesundheit: Blond im Eis

Warum manche Mammuts helle Haare hatten

Sie brauchten einen dicken Pelz, die Mammuts in den Eiszeitsteppen vor vierzigtausend Jahren, um sich vor kalten Winden zu schützen. Meist war ihr Haarkleid dunkel. Doch immer wieder tauchen aus den Dauerfrostböden Sibiriens oder Alaskas auch Mammuts mit hellen Haaren auf.

Wie kamen die bis zu fünf Tonnen schweren Rüsseltiere zu einem solchen hellen Pelz? Aus ähnlichen Gründen, aus denen beispielsweise manche Iren feuerrote Haare und Sommersprossen haben? Bei den Menschen ist die Antwort bereits gefunden. Die Änderung einer „MC1r“ genannten Erbanlage hellt die Haare auf.

„Bei den Mammuts lässt sich die Frage nur schwer beantworten“, sagt Michael Hofreiter vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Ein Blick in den Stammbaum hilft da weiter. Die Wege von Elefant und Mammut in Asien trennten sich vor knapp fünf Millionen Jahren. Drei bis vier Millionen Jahre später zog es die Riesen mit bis zu vier Metern Schulterhöhe – die heutige Elefantenverwandtschaft bringt es nur auf 3,20 Meter – nach Nordosten in Richtung Eis.

Vor rund zehntausend Jahren verschwanden die meisten Mammuts von der Erde, nur ein paar Tiere lebten noch um 1700 vor Christus auf der ostsibirischen Wrangel-Insel. Da das Erbgut toter Tiere rasch in kleine Stücke zerfällt, lässt es sich nur schwer untersuchen, erklärt Hofreiter.

Gemeinsam mit Kollegen aus sechs europäischen Ländern gelang nun dem Max-Planck-Forscher das Kunststück („Science“, Band 313, Seite 62). Das Team untersuchte einige rund 100 Bausteine große Fragmente, die nach einigen zehntausend Jahren vom Erbgut aus vier Mammuts übrig geblieben waren. Es gelang, die Erbanlage MC1r wieder zusammenzusetzen, die Iren zu roten Haaren verhilft. Damit hatten Forscher erstmals die komplette Erbeigenschaft eines ausgestorbenen Organismus rekonstruiert.

Die Mutation für irische Rotschöpfe fand sich im Mammut-MC1r-Erbgut aber nicht. Stattdessen war bei zwei Mammuts ein anderer, einzelner Baustein des Erbgutes ausgetauscht. Obwohl beide Tiere im Abstand von rund 14 000 Jahren geboren worden waren, fand sich beide Male exakt die gleiche Mutation – offensichtlich hielt sich diese Veränderung eine Zeit lang. In einer lebenden Zelle wird nach Vorlage das MC1r-Erbgutes ein Protein hergestellt, dessen 67. Baustein, eine Aminosäure namens Arginin, durch die Aminosäure Cystein ersetzt wird. In dieser Veränderung sehen die Forscher die Ursache für die Blondierung des dunklen Mammutpelzes.

Mit seiner Methode kann Hofreiter auch andere Mammut-Erbanlagen rekonstruieren. Erstmals scheint es möglich, das ganze Erbgut eines ausgestorbenen Tieres wiederherzustellen. Mit Hilfe solcher Erbgutanalysen lässt sich vielleicht klären, wie es den aus tropischem Klima stammenden Mammuts relativ rasch gelang, sich den kalten Temperaturen der Eiszeit im hohen Norden anzupassen.

Auch die hellen Haare könnten eine solche Anpassung gewesen sein, wie US-Forscher zur gleichen Zeit wie das Team um den Leipziger Wissenschaftler entdeckten. Allerdings untersuchen die Amerikaner keine Mammuts, sondern eine Strandmaus mit blonden Haaren. Für das Tier ist diese Farbe überlebenswichtig, weil es so auf dem hellen Strand am Golf von Florida erheblich besser als mit dunklem Fell vor seinen Feinden getarnt ist. Beim Blick in das Erbgut fanden die Forscher genau die gleiche Mutation, die Hofreiter bei den Mammuts entdeckt hatte. Irische Rotschöpfe und verschiedene andere Tierarten verdanken ihre hellen Haare dagegen ganz anderen Veränderungen im Erbgut.

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