zum Hauptinhalt

Gesundheit: Das Kriegsbeil begraben

Gerichtsverfahren können lange dauern und teuer werden. Wer sich gütlich einigen will, hat eine Alternative: Mediation

Wer sich in Berlin scheiden lässt, weiß: Die Familiengerichte sind hoffnungslos überlastet. Eine Scheidung kann Jahre dauern. Doch das soll sich jetzt ändern. Einigungsgespräche unter richterlicher Anleitung sollen an allen Berliner Gerichten dazu führen, dass die Parteien sich schneller und kostengünstiger einigen – und das nicht nur im Familienrecht, sondern in den verschiedensten zivil- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. Noch mehr Zeit und Geld spart indes, wer bereits vor dem Gang zum Gericht eine gütliche Einigung mit Hilfe eines Mediators sucht. Auch den Interessen aller Beteiligten wird eine einvernehmliche Regelung oft besser gerecht als ein einseitiger Richterspruch.

Mediation – übersetzt „Vermittlung“ – ist ein Verfahren zur Konfliktlösung, das heute in nahezu allen Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens angewandt wird. In rechtlichen Auseinandersetzungen hat es sich vor allem im Familien- und Erbrecht bewährt. Getrennten Partnern oder zerstrittenen Erben fällt es oft schwer, miteinander zu sprechen und gemeinsam auf eine faire Lösung hinzuarbeiten. In der Mediation werden die Betroffenen angeleitet, sich wieder zuzuhören, die eigene Position und die des Gegenübers in einem neuen Licht zu sehen und so den Weg für eine faire Auseinandersetzung zu ebnen.

Weiterer Vorteil: In einem Gerichtsverfahren wird die Verantwortung für den Ausgang des Prozesses letztlich dem Richter übertragen. Er kennt die Parteien nur aus Schriftsätzen, erlebt sie kurz in der mündlichen Verhandlung und fällt dann seine Entscheidung nach den – teilweise recht eingeschränkten – Möglichkeiten des Gesetzes. Meist ist eine Partei der Gewinner, die andere der Verlierer. In Scheidungsverfahren leiden darunter vor allem auch die Kinder: Sind Eltern zum Beispiel nicht in der Lage, sich zu einigen, bei wem ihre Kinder zukünftig leben sollen, kann das Gericht lediglich versuchen, mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln, welche Lösung für den Nachwuchs vermutlich die beste wäre. Die Folgen dieser Entscheidung tragen Kinder und Eltern anschließend alleine. Und oft stellt sich erst sehr viel später heraus, ob die Einschätzung des Gerichts tatsächlich dem Wohl des Kindes gedient hat.

Mediation dagegen ermöglicht es dem zerstrittenen Paar, seine Differenzen einem gemeinsamen Ziel unterzuordnen. Im Vordergrund stehen die Interessen sämtlicher Familienmitglieder; so kann aus einem breiten Spektrum an Möglichkeiten die für alle Beteiligten beste Lösung gefunden werden. Dabei werden dem Konfliktpaar allerdings weder Patentlösungen präsentiert, noch Ratschläge erteilt. Es wird lediglich dabei unterstützt, selbst den besten Weg herauszufinden. Damit das auch wirklich klappt, ist ein wichtiges Prinzip der Mediation gegenseitige Information und Offenheit, zum Beispiel über Einkommens- und Vermögensverhältnisse.

Auch darüber hinaus unterliegt das Mediationsverfahren klaren Regeln, die in einem Vertrag festgehalten werden. Mediatoren müssen eine rund 200 Stunden umfassende Ausbildung nach den Richtlinien der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation absolviert haben. Sie sind zur Neutralität verpflichtet und werden von beiden Parteien gemeinsam beauftragt. Das bedeutet vor allem, dass sie die unterschiedlichen Sichtweisen ihrer Medianten gleichwertig wahrnehmen sollen. Diese Neutralitätspflicht macht den Unterschied zu einer anwaltlichen Vertretung deutlich: Rechtsanwälte sind gerade nicht neutral, sondern vertreten die Interessen ihrer jeweiligen Mandanten. Genau wie Rechtsanwälte sind Mediatoren allerdings zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der Grund: Scheitert die Vermittlung, sollen sie im Rahmen einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung nicht als Zeuge für oder gegen eine Partei auftreten.

Eine Familienmediation umfasst zwischen drei und zwölf Sitzungen. Die Kosten sind erheblich geringer als Gerichts- oder Anwaltsgebühren im streitigen Verfahren. Spätestens vor Abschluss einer endgültigen Regelung sollte jeder Beteiligte sich von einem Rechtsanwalt noch einmal parteilich beraten lassen; hierfür fällt nur eine recht geringe Ratsgebühr an. So wird gewährleistet, dass alle ihre gesetzlichen Rechte und Pflichten genau kennen. Erst dann ist der Weg frei für eine individuelle Lösung, die in der Regel von allen Seiten als fair empfunden wird – und deshalb getrost vom Gesetzeswortlaut abweichen kann. Für viele wichtig: Die im Rahmen einer Mediation getroffenen Regelungen können notariell beurkundet werden und stellen als so genannte Trennungs- und Scheidungsfolgevereinbarung die Grundlage für eine einverständliche Scheidung dar.

Die Autorinnen sind Fachanwältinnen für Familienrecht und Mediatorinnen, Barbara Kubach-Ebner ist außerdem Notarin: www.kubach-ebner-und-teichert.de. Zum Thema informiert auch die Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation, im Internet unter www.bafm-mediation.de.

Barbara Kubach-Ebner, Angelika Teichert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false