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Gesundheit: Den Frust von der Seele schreiben

Schüler, die ein Hausaufgaben-Tagebuch führen, sind motivierter und selbstbewusster

Jana kommt nach Hause, wirft ihren Rucksack in die Ecke. Schluss für heute mit der Schule. Sie freut sich auf ihre Freundin, die sie am Nachmittag treffen will. Ihre Mutter ermahnt sie zu Hausaufgaben. „Mach’ ich heute Abend“, sagt Jana gleichgültig. Daniel sitzt am Schreibtisch und versucht, eine Matheaufgabe zu lösen. Wie ging das noch? Es fällt ihm nicht mehr ein, er hat es wohl doch nicht verstanden. Da klingelt sein Handy. „Ich komme gleich“, ruft er begeistert und schlägt das Buch zu. Lieber Fußball spielen. Hausaufgaben sind ätzend.

„In einer Zeit, in der Schüler eine Vielzahl von Freizeitmöglichkeiten haben, fällt es ihnen schwer, Zeit für ihre Hausaufgaben zu finden“, sagt der Erziehungswissenschaftler Manfred Hofer von der Universität Mannheim. „Viele neigen dazu, sie schnell zu machen, zu verschieben, zu unterbrechen oder sonst wie zu vernachlässigen.“ Hausaufgaben sind zudem frustrierend, wenn man sie nicht schafft, oder langweilig, und oft sieht man in ihnen keinen Sinn. Also, am besten sie ganz sein lassen oder nur minimale Pflichterfüllung.

Das ist die eine Seite der Medaille. Hausaufgaben wecken aber auch den Ehrgeiz und heben das Selbstwertgefühl, wenn man sie schafft. Entscheidend dabei ist nach Ansicht des Psychologen Bernhard Schmitz von der Technischen Universität Darmstadt, dass Schüler selbst bestimmen, wie sie die Hausaufgaben machen wollen und dass sie sich selbst Ziele setzen. Von dieser Überlegung ausgehend entwickelten Schmitz und seine Mitarbeiter ein Tagebuch für Hausaufgaben und erzielten damit einen beachtlichen Erfolg.

Jetzt haben 65 Achtklässler eines Darmstädter Gymnasiums an einem Versuch mit dem Hausaufgaben-Tagebuch teilgenommen. Vor und nach den Hausaufgaben mussten sie ein paar Fragen durch Ankreuzen beantworten: Die Hausaufgaben auflisten, angeben, wie viel Zeit sie für welche Aufgabe brauchen, wie sie vorgehen und ob sie Vorkehrungen gegen Störungen treffen wollten (Handy ausschalten) und ob sie um Hilfe bitten würden, sollten sie nicht weiterkommen.

Nach den Hausaufgaben gaben die Schüler an, ob sie ungestört arbeiten konnten, wieweit sie ihr Ziel erreicht hatten, ob sie zufrieden waren und ob sie etwas beim nächsten Mal anders machen wollten. Nach 45 Tagen stellten die Psychologen bessere Leistungen bei den Teilnehmern als bei den Nichtteilnehmern fest. Die Tagebuchführer lernten selbstregulierter, waren motivierter und hatten an Selbstvertrauen gewonnen. Nebenbei kam bei den Auswertungen heraus, dass Lernen nach 17 Uhr weniger wirksam ist.

Manfred Hofer hält ein Hausaufgaben-Tagebuch für ein sinnvolles Instrument, weil es Schüler anhält, ihr Lernen zeitlich und inhaltlich zu planen, geeignete Lernstrategien zu wählen, den Lernvorgang gegen Ablenkungen zu schützen und den Lernerfolg zu überprüfen. Das Prinzip des Tagebuchs ist klar: Die Fragen regen die Schüler an, die Erledigung der Hausaufgaben mit eigenem Zeitbudget selbstständig zu planen und sich Ziele zu setzen. Nach der Arbeit bilanzieren sie, wieweit sie ihre Ziele erreicht haben. Auf das, was sie gewollt und geschafft haben, sind sie stolz.

Der Zeitaufwand beträgt täglich zehn Minuten, die sich nach Bernhard Schmitz auf jeden Fall lohnen. Doch zunächst muss er in den Schulen viel Überzeugungsarbeit leisten. Am besten sei es, sagt er, wenn der Klassenlehrer vom Tagebuch überzeugt ist und er seine Klasse zum Mitmachen bewegen kann. An einigen Schulen im Raum Darmstadt werden die Eltern mit einbezogen und führen Buch über ihr Verhalten bei Hausaufgaben. Eltern wollen ihren Kindern helfen, wissen aber nicht immer wie. Dem Kind die Lösung ins Heft zu diktieren, ist ebenso wenig hilfreich wie es zu zwei Stunden Hausaufgaben zu zwingen. Förderlich sind emotionale Zuwendung, Ermutigung – und nach dem Vorgehen zu fragen.

Informationen im Internet:

www.tu-darmstadt.de/fb/fb3/psy/paedpsy/index.html

Peter Düweke

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