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Gesundheit: Der Akkreditierungsrat testet neue Studiengänge auf ihren Standard

Der Berliner Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) kann man gleich doppelt gratulieren. Wie berichtet, bekam der deutsch-chinesische Master-Studiengang für Betriebswirte vor wenigen Wochen das Qualitätssiegel der arbeitgebernahen Foundation for International Business Administration Accreditation (FIBAA).

Der Berliner Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) kann man gleich doppelt gratulieren. Wie berichtet, bekam der deutsch-chinesische Master-Studiengang für Betriebswirte vor wenigen Wochen das Qualitätssiegel der arbeitgebernahen Foundation for International Business Administration Accreditation (FIBAA). Jetzt soll auch der nationale Akkreditierungsrat den Rang der Ausbildung bestätigen. Kein Problem: Denn die FIBAA prüft seit neuestem nicht mehr nur im eigenen Namen, sondern auf besonderen Wunsch und gleichem Anspruchsniveau auch im Auftrag des nationalen Rates. Dabei muss lediglich das Forschungsprofil der Hochschullehrer noch etwas mehr als in der ersten Runde gewürdigt werden.

Die "Akkreditierung" ist das jüngste Steckenpferd der Hochschulreformer. Sie bezieht sich auf die neuen Ausbildungsangebote zum Bachelor und Master. Seit zwei Jahren gibt es annähernd 300 der neuen Studienangebote. Zur Qualitätssicherung eröffnete das Hochschulrahmengesetz von 1998 neue Wege "wie beispielsweise Akkreditierungsverfahren". Um die Kontrolle über die Prüfverfahren zu haben, schufen die Kultusminister und Hochschulrektoren gemeinsam einen Akkreditierungsrat. Ihm gehören neben Professoren von Universitäten und Fachhochschulen auch Fachleute aus der Berufspraxis an. Vertreter der Wirtschaft wurden hinzugezogen, weil die Bachelor- und Masterstudiengänge laut Gesetz zu berufsqualifizierenden Abschlüssen führen sollen.

Der Unterschied zu herkömmlichen "Rahmenprüfungsordnungen" liegt damit sowohl im Inhalt als auch im Verfahren. Jahrelang verhandelten früher Kultusminister und Hochschulrektorenkonferenz über die Rahmenordnungen. Wenn sie einmal genehmigt und verbindlich für alle Hochschulen mit den entsprechenden Studiengängen waren, galten sie oft schon als veraltet. Jetzt erledigen diese Arbeit nicht mehr Minister und Rektoren, sondern so genannte Akkreditierungsagenturen. Durch das schnelle Akkreditierungsverfahren sollen Studiengänge an den aktuellen Wandel in Wissenschaft und Wirtschaft angepasst werden.

Außerdem bestanden die alten Rahmenprüfungsordnungen im Wesentlichen aus quantitativen Vorgaben (Stundenzahlen), während für die Akkreditierung die qualitative Begutachtung jedes einzelnen Studiengangs ausschlaggebend sein soll. Die Studenten und ihre künftigen Arbeitgeber sollen so besser beurteilen können, was sie erwartet. Der nationale Akkreditierungsrat prüft in der Regel allerdings nicht selbst, sondern greift auf eigenständige, aber gemeinnützige Prüfagenturen wie die FIBAA zurück. Auch diese müssen sich aus Vertretern der Wissenschaften und der Berufswelt zusammensetzen. Hinter der Prüfung im Auftrag des Rates stehen finanzielle Überlegungen: Die Agenturen müssen sich selbst tragen. Die kleine Geschäftsstelle des nationalen Rates in Bonn trägt einstweilen der Stifterverband für die Deutsche Wirtschaft. Bislang hat sich außer der FIBBA mit ihrer Spezialisierung auf die Wirtschaftswissenschaften nur die "Zentrale Evaluations- und Akkreditierungsagentur Hannover", eine mit mehreren 100.000 Mark Steuergeldern im Jahr subventionierte Tochter der niedersächsischen Landesrektoren, in den Dienst gestellt. Bald könnte ein TüV für Ingenieurstudiengänge (ASII) hinzukommen.

Die offizielle Akkreditierung soll "Mindeststandards" gewährleisten. Worin die bestehen, ist noch näher festzulegen, sagt der stellvertretende Rats-Präsident Hans- Uwe Erichsen. Nur soviel ist sicher: Mindeststandards sind das Gegenteil von Topstandards. Was das praktisch bedeutet, zeigt sich am Beispiel der Mannheimer betriebswirtschaftlichen Fakultät. Die ließ sich kürzlich von der International Association for Management Education (AACSB) akkreditieren und gehört damit zum elitären Kreis der Business Schools von Harvard und Berkeley in den USA oder auch Rotterdam. Prodekan Christian Homburg: "Eine nationale Akkreditierung haben wir nicht mehr nötig".

Auch der "Akkreditierungsverbund für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge (AVI) - ausdrücklich keine Prüfagentur, sondern ein Kreis interessierter Hochschulprofessoren - ist mit Mindeststandards oder einem "Discount-Profil" nicht zufrieden. Er will unabhängig vom Akkreditierungsrat herausragenden Lehrangeboten das Prädikat "AVI-plus" verleihen. AVI-Sprecher Johann-Dietrich Wörner, Präsident der Technischen Universität Darmstadt, erläutert: "Unser Prädikat kann sich auf einen ganzen Studiengang beziehen oder auf einzelne Aspekte wie die Internationalität."

Die Bundesländer stehen dem Akkreditierungsrat gespalten gegenüber. Einige sind geneigt, Studiengänge oder erneuerte Studienordnungen nur noch mit seinem Gütesiegel zu genehmigen. Deshalb will die Berliner FHW, so Prorektor Rieger, vorsorglich auch dieses neben dem FIBAA-Ausweis einholen. In Nordrhein-Westfalen braucht noch niemand so weit zu denken. Ministerin Gabriele Behler genehmigte eben erst einen sozialwissenschaftlichen Master-Studiengang ohne solch ein Gütesiegel.

An der ministeriellen Genehmigung allein hängt die staatliche Anerkennung und Finanzierung der Ausbildung. Gerade Düsseldorfer Ministerialbeamte, die mehr Hochschulen beaufsichtigen als ihre Kollegen in anderen Bundesländern, schätzen das staatliche Ausbildungsmonopol sehr. Sie sehen ihre Kompetenz durch den Akkreditierungsrat und seine Handlungsbevollmächtigten - allemal Vertreter der akademischen Selbstverwaltung und der Wirtschaft, aber nicht des Staates - in Gefahr.

Außerdem gibt es noch offene Fragen gerade in möglichen Konfliktfällen: Wie sieht der Klageweg aus, wenn ein Fachbereich sich gegen eine Nicht-Akkreditierung wehren will? Oder kann er einfach eine andere Prüfagentur bestellen, die vielleicht gnädiger urteilt? Rats-Vize Erichsen, ein professioneller Verwaltungsjurist, sieht die technischen Probleme, an denen die guten Akkreditierungsabsichten scheitern könnten. Er gibt zu: "Wir haben noch viel zu lernen und noch viel zu arbeiten." Gerade darin aber besteht die Lebensfreude eines Professors.

Hermann Horstkotte

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