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Gesundheit: Die heimtückische Erbkrankheit ist vor allem im Mittelmeerraum und Thailand verbreitet

Thailand hat viele Gemeinsamkeiten mit den Mittelmeerländern: sonnige Strände, einen lockeren Lebensstil - und eine große Zahl von Menschen, die in ihrem Körper das Gen für eine besonders heimtückische Krankheit tragen. Hunderte Wissenschaftler aus Thailand, den Mittelmeerländern und anderen betroffenen Gebieten kamen kürzlich in Bangkok zu einer Konferenz über die "Thalassämie" zusammen, eine Störung des blutbildenden Systems, die in der Öffentlichkeit zwar wenig bekannt, aber gleichwohl eine der verbreitetsten Erbkrankheiten ist.

Thailand hat viele Gemeinsamkeiten mit den Mittelmeerländern: sonnige Strände, einen lockeren Lebensstil - und eine große Zahl von Menschen, die in ihrem Körper das Gen für eine besonders heimtückische Krankheit tragen. Hunderte Wissenschaftler aus Thailand, den Mittelmeerländern und anderen betroffenen Gebieten kamen kürzlich in Bangkok zu einer Konferenz über die "Thalassämie" zusammen, eine Störung des blutbildenden Systems, die in der Öffentlichkeit zwar wenig bekannt, aber gleichwohl eine der verbreitetsten Erbkrankheiten ist.

Von einem ausgesprochen großen Problem sprach auf dem Expertentreffen in der thailändischen Hauptstadt Panos Englezos, der Leiter der auf Zypern angesiedelten Internationalen Thalassämie-Vereinigung. Vier Prozent der Weltbevölkerung, also rund 240 Millionen Menschen, sind nach seinen Angaben Träger des Gens, jedes Jahr kommen 300 000 neue Krankheitsfälle hinzu. Besonders betroffen sind der Mittelmeerraum, Westafrika und weite Teile Asiens. Aber auch in Deutschland erhöht sich vor allem durch den Zuzug von Menschen aus diesen Regionen die Zahl der Patienten stetig.

Bei Thalassämie-Kranken ist die Bildung von Hämoglobin, also des roten Blutfarbstoffes, gestört. Dieser hat die Aufgabe, den Sauerstoff von der Lunge über das Blutgefäßsystem zum Gewebe zu transportieren. Wird der Sauerstoff nicht mehr transportiert, ersticken die Patienten innerlich. Bereits im zweiten Lebensjahr zeigt sich die Krankheit mit starker Blässe und einer Vergrößerung der Milz. Die körperliche Entwicklung wird beeinträchtigt, das Gesicht ähnelt dem von Menschen mit Down-Syndrom, die Zähne treten hervor, der Leib ist geschwollen, auch die Leber vergrößert sich.

Ohne Behandlung führt die Krankheit binnen weniger Monate zum Tod. Die meisten Patienten sterben ohne Therapie schon vor ihrem fünften Lebensjahr, nur wenige schaffen es, 20 Jahre alt zu werden. Der medizinische Fortschritt der vergangenen Jahre hat die Lebensqualität der Patienten zwar deutlich verbessert, allerdings zu einem atemberaubenden Preis. Medikamente, Bluttransfusionen und andere Behandlungen für Thalassämie-Patienten kosten jährlich knapp 100 000 Mark. Eine Heilung ist bislang nur über die Transplantation von Knochenmark möglich, ein aufwendiges und für den Patienten risikoreiches Verfahren. Molekularbiologen suchen derzeit nach einer Gentherapie für die Betroffenen, doch ein Durchbruch ist nicht in Sicht.

So bleibt vielen Patienten nur, alle drei bis vier Wochen mit Bluttransfusionen den Mangel an Hämoglobin auszugleichen. Auf Dauer führen solche Transfusionen aber zu einem Überschuss an Eisen, das sich in verschiedenen Organen ansammelt und deren Funktionsfähigkeit stört. Langfristig drohen dadurch schwere Erkrankungen vor allem an Herz und Leber. Um dies zu verhindern, müssen die Patienten zusätzliche Medikamente schlucken. Die Kosten für Transfusionen und Medikamente sind vor allem für ärmere Regionen kaum zu tragen. Und das gilt nicht nur für Thailand, sondern auch für Sardinien und Sizilien, wo bis zu 15 Prozent der Einwohner das krankheitsauslösende Gen in ihren Körpern tragen.

Auf Sardinien betreuen bereits seit Anfang der 70er Jahre Bundeswehrsoldaten des Nato-Luftwaffenstützpunktes Decimomannu thalassämiekranke Menschen und versorgen sie mit Hilfsgütern. Im Mai 1995 schlossen sich mehrere Bundeswehr-Dienststellen zu der Deutschen Thalassämiehilfe zusammen. Der Verein versucht, den Patienten und der Region vor allem dadurch zu helfen, dass er Blut für Transfusionen zur Verfügung stellt, Geld für dringend benötigte medizinische Geräte, Operationen und Nachsorgemaßnahmen sammelt und mit aller Kraft potentielle Knochenmarkspender mobilisiert. Der Präsident der Thalassämiehilfe, Oberstleutnant Jürgen Beith, will nach eigenen Worten "nicht müde werden, bis diese Krankheit endgültig als eine Erscheinung der Vergangenheit bezeichnet werden kann".

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