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Dr. WEWETZER: Mit dem Atem im Reinen

fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin Heute: Was gegen Mundgeruch hilft

Es passiert wohl jedem einmal, dass er schlecht aus dem Mund riecht. Nach einem langen Tag, an dem man viel geredet und noch mehr Kaffee getrunken hat. Oder dann, wenn man die ganze Nacht mit offenem Mund geschlafen hat, vielleicht nach einem Abend mit zu viel Alkohol. Mit dem Zähneputzen verzieht sich der Mief rasch.

Aber bei rund fünf Prozent der Bevölkerung – also bei jedem zwanzigsten – ist das anders. Diese Menschen haben ein echtes Problem mit ihrem Atem. „Doch auch ihnen kann man meist zuverlässig helfen“, sagt der Zahnarzt Rainer Seemann, der sich auf die Behandlung von Mundgeruch spezialisiert hat und an der Berliner Uniklinik Charité eine eigene Sprechstunde betreut hat.

Zwar können vereiterte Mandeln, eine Entzündung der Nasennebenhöhlen oder gar ein Tumor und anderes mehr die Ursache für schlechten Atem sein. Allerdings sind das Ausnahmen. In neun von zehn Fällen entsteht Mundgeruch im Mund (nicht etwa im Hals oder Magen). Und in aller Regel ist die Zunge die Quelle des Geruchs. Denn die Zungenschleimhaut gleicht einem Flokati, in dessen flauschiger Tiefe es sich viele Bakterien gut gehen lassen. Manche dieser Mikroben produzieren übel riechende Substanzen. Häufig ist dabei Schwefel im Spiel, so der nach faulen Eiern riechende Schwefelwasserstoff.

Mundhygiene ist entscheidend. Nicht nur für die Vorbeugung, sondern auch dann, wenn man mit seinem Atem ins Reine kommen will . Neben Zähneputzen und Zahnseide sind dabei Mundspülungen eine wichtige Hilfe. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung von Forschern der Cochrane Collaboration, deren Studien den aktuellen medizinischen Wissensstand wiedergeben. Hilfreich sind sowohl Mittel, die direkt die geruchserzeugenden Bakterien bekämpfen, wie etwa Chlorhexidin, Triclosan oder Zinkverbindungen, als auch Substanzen, die den Geruch eher übertünchen, zum Beispiel ätherische Öle.

Ganz wichtig ist auch die Reinigung der Zunge, dafür gibt es spezielle Bürsten oder Schaber zu kaufen. Der Mundgeruchsexperte Seemann hat einen speziellen Tipp: „Ich empfehle vielen Patienten, auf die Bürste des Zungenreinigers sparsam Chlorhexidin-Gel aufzutragen. Dann wirkt das Mittel genau dort, wo das Geruchsproblem entsteht.“ Auch Nebenwirkungen, etwa vorübergehend verfärbte Zähne, sind seltener.

Bei guter Mitarbeit kann den meisten Betroffenen rasch geholfen werden. Nicht selten kommt es übrigens vor, dass Patienten sich nur einbilden, schlecht aus dem Mund zu riechen. Vielleicht hat man es ihnen eingeredet, sie sind verunsichert und meiden sogar ihre Mitmenschen. Erst die geschulte Nase eines erfahrenen Zahnarztes verschafft dann Erleichterung. „Geschult“ stimmt übrigens tatsächlich: es gibt Skalen für Mundgeruch und „Stinkproben“, mit deren Hilfe sich Experten ein möglichst objektives Bild machen und ihren Geruchssinn „kalibrieren“ und miteinander abgleichen können. Nicht nur Restauranttester brauchen eben ein feines Gespür.

Unser Kolumnist leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegel. Haben Sie eine Frage zu seiner guten Nachricht?

Bitte an: Sonntag@Tagesspiegel.de

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