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Europäer leben gesünder und länger: Fünf Jahre obendrauf

Die Lebenserwartung in Europa ist seit 1980 im Schnitt auf 76 Jahre gestiegen. In Deutschland liegt sie noch deutlich höher. Experten halten daher einen späteren Renteneintritt für unverzichtbar.

Die Europäer leben nach einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation immer gesünder und länger – allerdings gibt es sehr große Unterschiede. Insgesamt ist die Lebenserwartung seit 1980 um fünf Jahre gestiegen und lag 2010 bei durchschnittlich 80 Jahren für Frauen und 72,5 für Männer, wie es in dem am Mittwoch in London vorgestellten „European Health Report“ heißt. Etwa 15 Prozent der Europäer ist bereits jetzt 65 Jahre oder älter. Bis 2050 könnte sich ihr Anteil auf 25 Prozent erhöhen. Im Durchschnitt werden die Europäer nun 76 Jahre alt und leben damit fünf Jahre länger als noch 1980. Noch höher ist die Lebenserwartung in Deutschland: Frauen werden hier 83,1 Jahre, Männer etwas mehr als 78 Jahre.

Angesichts der steigenden Lebenserwartung der Deutschen werden erneut Rufe nach einer längeren Lebensarbeitszeit laut. „Die Rente mit 70 muss und wird kommen“, sagte der Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit, Klaus F. Zimmermann, dem Tagesspiegel. „Es kommen immer weniger Junge nach und die Menschen werden älter, also müssen Anreize geschaffen werden, länger im Beruf zu bleiben – für diejenigen, die das können und wollen.“ Auch der einstige SPD-Minister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, betonte, dass die Deutschen aus seiner Sicht mit der Rente mit 67 „noch längst nicht am Ende angelangt“ seien. „Wenn die Menschen 100 Jahre alt werden, kann 67 nicht das Ende der Leiter des Erwerbslebens sein - zumal viele länger arbeiten wollen.“

Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, verlangte, die Bundeszuschüsse zur Sozialversicherung für die beschleunigt alternde Bevölkerung verlässlicher zu machen. Sie sollten künftig „fest mit den von den Beschäftigten und Arbeitgebern zu zahlenden Sozialabgaben gekoppelt“ werden, sagte er. So lasse sich verhindern, dass die Zuschüsse „je nach Kassenlage gezahlt werden“. Auch werde die Finanzierung der Sozialkassen damit zumindest begrenzt von den Arbeitskosten entkoppelt.

Ökonomen und Wirtschaftsweisen halten es seit längerem für unverzichtbar das Renteneintrittsalter über die beschlossenen 67 Jahre hinaus anzuheben: Die steigende Lebenserwartung mache etwa ab 2045 die Rente mit 68 und im Jahr 2060 ein Renteneintrittsalter von 69 Jahren erforderlich, betonte das Gremium der Regierungsberater vor kurzem. Aus der Sicht von Sachverständigenrats-Chef Wolfgang Franz ist es nötig, dass zwei Drittel der gewonnenen Lebenszeit in längere Lebensarbeitszeit fließen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung verlangt, den Renteneintritt für jedes gewonnene Lebensjahr um ein halbes Jahr nach hinten zu schieben.

Die DGB-Rentenexpertin Annelie Buntenbach nannte die Forderungen „unverantwortliche Panikmache“. Entscheidend sei, „dass der Arbeitsmarkt in Ordnung gebracht und eine Demografie-Reserve in der Rentenversicherung aufgebaut wird, mit der die Rente auch in Zukunft gesichert werden kann“. Dem DGB zufolge ist das auf lange Sicht auch ohne Rente mit 67 möglich. Die Zeit müsse „genutzt werden, damit die Beschäftigten die Chance bekommen, länger gesund in Beschäftigung bleiben zu können und erst einmal die Rente mit 65 Jahren erreichen“. Bisher seien gerade einmal elf Prozent der 63- und 64-Jährigen regulär beschäftigt.

Die SPD hält in ihrem Wahlprogramm zwar an der Rente mit 67 fest, will die von der großen Koalition beschlossene Änderung aber nur umsetzen, wenn mindestens die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

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