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Gesundheit: Fragen, die erschlagen

Amtsdeutsch und Papierwust machen Studenten das Uni-Leben schwer: Formulare im Test

Den Studentenalltag bietet neben Vorlesungen und Seminaren weitere intellektuelle Herausforderungen: Anträge stellen zum Beispiel. Das fängt bei der Immatrikulation an und hört bis zur Prüfungsanmeldung nicht auf. Die Linguistin Kerstin Grönert promoviert in Bielefeld über die Verständlichkeit von Formularen. Ihre These: Formulare sind papierne Dialoge und simulieren das Gespräch zwischen Beamten und Bearbeitern. Für den Tagesspiegel testete Grönert, inwieweit wichtige Formulare des UniAlltags die Kommunikation zwischen Studenten und Verwaltung befördern oder behindern.

Immatrikulations-Antrag der Humboldt-Universität

Das Formular ähnelt sehr dem Immatrikulationsbogen in Bielefeld, und deswegen wird das Ergebnis das gleiche sein. Dort hat es keine Testperson geschafft, alle Angaben richtig auszufüllen. Ein Beispiel: Da steht nur ‚Angestrebter Studienabschluss’ – wenn jemand ganz neu ist, dann liest er das und denkt sich. Was soll das? Dahinter sind nur noch zwei Kästchen und der Hinweis: ,Siehe Verzeichnis Schlüsselnummer’. Was ich mit diesem Verzeichnis machen soll, sagt mir keiner. Das ist wie ein Rezept, wo ich nur die Zutaten bekomme. Wenn ich versuche, einen Dialog in papierner Form zu machen, dann muss ich den natürlich wie in einem normalen Gespräch einleiten. Besser wäre also: ‚Hallo lieber neuer Student! Sie wollen sich jetzt einschreiben. Wir wollen folgendes von Ihnen wissen: Mit welchem Abschluss wird Ihr Studium enden? Dazu benötigen Sie die Angaben im Schlüsselverzeichnis. Das ist das grüne Papier.’ Es gibt ja immerhin den Immatrikulations-Bogen plus fünf zusätzliche Blätter in vier verschiedenen Farben. Ein Formular und eine Art Regiebuch zum Ausfüllen – das wäre sinnvoll.

Bafög-Antrag

Der erschlägt einen richtig. 119 Fragen und dazu acht zusätzliche so genannte Formblätter: Schon vom Aufbau her handelt es sich um ein unheimlich anstrengendes Formular. Das Layout sieht teilweise sehr unübersichtlich aus. Eine Einführung sucht der Bearbeiter auch hier vergeblich. Zusätzlich wird eine große Menge an Fachausdrücken gebraucht. Als Benutzer muss ich mir ausmalen, was hinter einem Begriff wie „Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz“ steckt. Die Macher gehen wahrscheinlich davon aus: Wen es betrifft, der wird es wissen. Aber wen es nicht betrifft, ist trotzdem erstmal verwirrt. Man muss in diesem Fall nicht nur das Formular ändern, sondern die ganze Kommunikation zwischen Behörde und Student.

Blatt zur Mitteilung einer Adressenänderung und Bescheinigung für die Studienverwaltung über Prüfungsberatung bzw. -anmeldung, Humboldt-Universität

Hier verfolgt die Studienverwaltung mit einem Formular mehrere Zielsetzungen. Einmal gibt man seine Adressenänderung an, wenn man umgezogen ist. Dann dient der Vordruck als Bescheinigung, dass man seine Zwischenprüfung abgelegt hat. Und die Uni will kontrollieren, wie weit der Student mit seinem Studium ist – wer zu lange studiert, muss auf dem Blatt eine Prüfungsberatung nachweisen.

Das funktioniert nach meinen Untersuchungen nicht. Es geht eben nicht, dass man unterschiedliche Ziele in ein Formular packt, von denen die Hälfte die Person überhaupt nicht betrifft. Außerdem weiß der Benutzer hier nicht über den Zweck Bescheid. Das müssen die Sachbearbeiter erst mündlich erklären.

Damit übernehmen sie die Aufgabe, die eigentlich das Formular erfüllen sollte. Bei uns in Bielefeld kam eine ähnliche Frage auf: Wieso konnte beim Testdurchgang keiner den Immatrikulationsbogen ausfüllen, wenn das Formular im alltäglichen Gebrauch offenbar keine Probleme bereitet? Da stellte sich heraus, dass die meisten bei ihrer Einschreibung ältere Studenten gefragt haben, die sich mit dem Ablauf auskannten.

Prüfungsordnung und Prüfungsanmeldung zum Staatsexamen, Lehramt Deutsch/Englisch

Eigentlich ist das eine Prüfung für sich, sich zu dieser Prüfung anzumelden. An der Prüfungsordnung, also einem Gesetzesblatt, wird man wohl nicht viel ändern können. Das ist die Gesetzessprache. Man kann aber an den Formularen streichen. Es gibt furchtbar viele Anlagen und Teilformulare. Es wimmelt zudem von Abkürzungen, die man nicht kennt.

Ich weiß zum Beispiel nicht, was „PLL“ bedeutet. Da wird unterschieden zwischen Kandidat und PLL. Ich bin der Kandidat – aber wer ist dann der PLL? Wenn man Abkürzungen benutzt, sollte man wenigstens erklären, was sie bedeuten (Anmerkung der Redaktion: PLL steht für „Prüfungsamt für Lehramtsprüfungen des Landes Berlin“).

Aufgezeichnet von Tilmann Warnecke

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