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Gesundheit: Gefährliche Neutronen: Auswirkungen in Hiroshima möglicherweise unterschätzt

Wissenschaftler haben die Auswirkung von Neutronenstrahlung auf die menschliche Gesundheit offenbar unterschätzt. Bislang gingen sie davon aus, dass Krebs- und andere schwere Erkrankungen der Überlebenden der Atombombenexplosionen von Hiroshima und Nagasaki fast ausschließlich auf hochenergetische Gammastrahlung zurückzuführen sind.

Wissenschaftler haben die Auswirkung von Neutronenstrahlung auf die menschliche Gesundheit offenbar unterschätzt. Bislang gingen sie davon aus, dass Krebs- und andere schwere Erkrankungen der Überlebenden der Atombombenexplosionen von Hiroshima und Nagasaki fast ausschließlich auf hochenergetische Gammastrahlung zurückzuführen sind. Messungen am GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg und der Technischen Universität München haben jedoch ergeben, dass diese Annahme möglicherweise falsch ist. Die Betroffenen waren demnach einer drei Mal so hohen Strahlung schneller Neutronen ausgesetzt, als bisher angenommen wurde.

Die Untersuchung der mehr als 90 000 Überlebenden der Atombombenabwürfe spielt nach wie vor eine zentrale Rolle für die Abschätzung des Strahlenrisikos. Seit Anfang der 50er Jahre registrieren Forscher in dieser Studie die Gesundheitsdaten der geschädigten Personen. Ein Vergleich mit der ungefähren Strahlendosis, der die Betroffenen damals ausgesetzt waren, hat im Laufe der Zeit zu den heute im Strahlenschutz gebräuchlichen Risikoabschätzungen geführt. Der Einfluss von Neutronen, die ebenfalls bei den Bombenexplosionen durch die Luft schnellten, galt demnach stets als eher gering.

Die damals entstandenen schnellen Neutronen haben allerdings bis heute nachweisbare Spuren hinterlassen. Wo sie auftrafen, lösten sie erneute Kernreaktionen aus. Kupferkerne zum Beispiel konnten die Neutronen einfangen und sie unter Aussendung von Protonen in Nickelkerne verwandeln. Diese charakteristischen Nickelkerne (Isotope) zerfallen im Laufe der Jahrzehnte wieder. Doch ein Großteil von ihnen lässt sich noch heute auffinden.

Die deutschen Forscher haben nun zusammen mit amerikanischen Kollegen akribisch nach solchen Nickelkernen gesucht. Sie analysierten einen Blitzableiter, der rund 1000 Meter vom Zentrum der einstigen Atombombenexplosion entfernt war, und eine Regenrinne, die noch 300 Meter weiter weg lag.

Die Messungen an der Regenrinne zeigten dabei eine große Diskrepanz zu den bisherigen Schätzungen. In den weiter entfernten Regionen, in denen Menschen überlebten, war die Strahlung schneller Neutronen demzufolge drei Mal höher, als die Forscher bislang vermuteten.

Sie wollen nun weitere kupferne Proben studieren, um diese Beobachtung zu untermauern. Sollten sich die bisherigen Ergebnisse bestätigen lassen, müsste das Risiko von Neutronenstrahlen - etwa im Zusammenhang mit dem Transport von Reaktorbrennelementen - neu diskutiert werden. Der Gammastrahlung dagegen wäre ein geringerer Teil der heute zu beobachtenden Gesundheitsschäden der Überlebenden zuzuschreiben.

tdp

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