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Gesundheit: Heiße Nacht, coole Wissenschaft

Hereinspaziert: Berliner Institute und Labors öffnen von 17 bis 1 Uhr ihre Türen für das Publikum

LANGE NACHT DER WISSENSCHAFTEN

Wissenschaft liegt im Trend. Alle Welt redet davon, dass wir in einer Wissensgesellschaft leben, dass Wissen immer wichtiger wird, dass die Köpfe unser wichtigstes Kapital sind. Wissen schafft Zukunft. Und sie ist vielleicht das letzte große Abenteuer der Menschheit.

Das alles ist zwar oft gesagt worden. Aber gehandelt wird längst nicht immer danach. Wird wirklich genug investiert in Forschung, Wissenschaft, Bildung? Nirgendwo in Deutschland stellt sich diese Frage drängender als in Berlin, wo es schon lange nicht mehr um Aufbau, sondern um einen möglichst kontrollierten Abbau geht. So gesehen ist die heutige Lange Nacht der Wissenschaften auch eine politische Veranstaltung. Mehr als in den letzten Jahren wird es um die Frage gehen, die die Berliner Wissenschaft zurzeit am stärksten bewegt: Wie geht es weiter in den Labors, Instituten und Hörsälen der Stadt?

Aber es hilft nicht, nur die Hände zu ringen. Die Lange Nacht trotzt der Krise. Man zeigt, was man kann, womit man sich beschäftigt. Und das ist eine Menge. Wer im Programmheft stöbert, wird von der Vielfalt schier erschlagen. Die Lange Nacht reicht eigentlich für einen ganzen Monat. Man kann staunen, welches geistige Potenzial Berlin besitzt. Das macht Mut – in einer Zeit, in der manche Experten ein Süd-Nord-Gefälle kommen sehen, weil der Süden des Landes einfach mehr in Wissenschaft und Forschung investiert. Aber Berlin, die Stadt, in der Leute wie Einstein, Planck, Virchow und Humboldt geforscht haben, hat noch immer gute Chancen, in der Spitze mitzuspielen.

Medizin, Technik, Geisteswissenschaften, Naturforschung – die Veranstaltungen spiegeln das ganze Spektrum des Wissens. Man bekommt Einblick in die innersten Strukturen der Materie – etwa in der Ausstellung „Teilchenphysik – und die Frage nach dem Woher?“ im Hauptgebäude der Technischen Universität. Im Audimax der Humboldt-Uni kann man „Per Anhalter durch die Theatergeschichte“ reisen und am Geoforschungszentrum auf dem Potsdamer Geografenberg fährt man ins Erdinnere – natürlich virtuell. Drei von Hunderten von Angeboten auf diesem Sommerfest des Wissens.

Besonders hervorzuheben ist die „Science Fair“ der Freien Universität auf dem Breitscheidplatz. Einfach deshalb, weil hier nicht das Volk zur Wissenschaft, sondern die Wissenschaft zum Volk kommt: mitten in die Stadt, dorthin, wo sich die Menschen tummeln. Und schließlich verdient auch die Urania besondere Erwähnung. Weil sie seit nunmehr 115 Jahren das macht, was die Lange Nacht und andere öffentliche Wissenschaftsereignisse erst seit ein paar Jahren proben: Forschung unters Volk zu bringen.

Als 1999 die Initiative „Wissenschaft im Dialog“ ins Leben gerufen wurde, gab es auch Kritik. Hier werde nur Propaganda gemacht, hieß es. Und nicht jeder Forscher drängte sich danach, sein Wissen zu vermitteln. Zu kompliziert, nichts für das gemeine Volk. Wirklich? Was das „Verkaufen“ von Erkenntnis angeht, können wir von der angloamerikanischen Wissenschaftskultur noch lernen. Forscher dort können gut erklären, was sie tun. Das hat nicht nur mit Eigenwerbung zu tun. Es ist ein Dienst an der Öffentlichkeit, deren Geld dazu beiträgt, die Wissenschaft am Leben zu erhalten.

Wir haben jetzt die Lange Nacht. Fast könnte man sagen, dass sie schon zu Berlin gehört. Ein schönes Kompliment für die Stadt.

WER WAS WO?

Zur Auftaktveranstaltung lädt die Technische Uni um 16.30 Uhr vor dem Hauptgebäude, Straße des 17. Juni 135, ein. Von 22 bis 24 Uhr zieht dort eine Lichtinstallation die Nachtschwärmer an. Die Humboldt-Uni lockt ab 23 Uhr mit ihrer Langen-Nacht-Party im Innenhof, Unter den Linden 6.

Weiter geht’s von Campus zu Campus mit Bus-Shuttles , die von 17 bis 1 Uhr im 10- bis 15-Minutentakt auf allen sechs Routen unterwegs sind. Die Freie Uni lässt auch Velotaxis kurven.

Eintritt in die Institute und freie Fahrt mit Shuttles und Öffentlichen verschafft das Kombi-Ticket (11 Euro, ermäßigt 7; Familien mit bis zu 4 Kindern: 27 Euro). Verkauft wird’s an Theaterkassen und abends in den Instituten.

Ein chemischer Experimentierkurs und ein Blick ins Hummelnest in Dahlem, Cricket und Quiz im Hauptgebäude der Humboldt–Uni: Für Kinder werden viele, viele Extras geboten.

Das ganze Programm unter :

www.langenachtderwissenschaften.de

– und in Programmheften vor Ort. -ry

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