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Gesundheit: Kalenderblatt: Die Deutschen im Kolonialfieber

Heute vor 117 Jahren, am 24. April 1884, begann für das Deutsche Reich das ebenso enthusiastisch gefeierte wie kurzlebige Dasein als Kolonialmacht.

Heute vor 117 Jahren, am 24. April 1884, begann für das Deutsche Reich das ebenso enthusiastisch gefeierte wie kurzlebige Dasein als Kolonialmacht. Der Reichskanzler Bismarck telegrafierte dem deutschen Konsul in der britischen Kapkolonie (Südafrika), dass die Erwerbungen des Bremer Kaufmannes Adolf Lüderitz an der Bucht Angra Pequena (im heutigen Namibia) unter dem Schutz des Deutschen Reiches stünden.

Lüderitz, ein Tabakgroßhändler mit Überseeerfahrung, hatte ein Jahr zuvor eine kleine Expedition ausgerüstet und nach Namibia geschickt. In seinem Namen erwarb seine Truppe von den dortigen Ureinwohnern, die die Kolonialherren Hottentotten tauften, einen fünf Meilen breiten Küstenstreifen rund um die Bucht - für insgesamt 200 ältere Gewehre und 100 Pfund Sterling. Im September 1883 hielt es Lüderitz nicht mehr im heimischen Bremen, er fuhr hinunter zu "seiner" Kolonie.

In Deutschland grassierte das Kolonialfieber. Angesichts der großen britischen und französischen Kolonialreiche fühlte sich Deutschland bisher reichlich zu kurz gekommen. Die Öffentlichkeit feierte Lüderitz als Helden der deutschen Kolonialbewegung. Dem konnte sich auch Kanzler Bismarck nicht mehr verschließen. Zwar sah er durchaus, dass Kolonien dem Reich mehr Belastungen als Nutzen bringen würden. Andererseits wollte er die koloniale Begeisterung der Deutschen ausnutzen, um seine innenpolitisch geschwächte Regierung über die nächsten Reichstagswahlen zu retten.

Und seine Beamten machten ihm Mut: Sie arbeiteten ein Konzept aus, das es dem Deutschen Reich erlauben sollte, Kolonialpolitik zu machen, ohne Kolonien zu erwerben. Die deutschen Handelshäuser und Industriekonzerne sollten von den Eingeborenen Gebiete erwerben, die sie auf eigene Rechnung und eigene Kosten verwalten und ausbeuten durften. Mit einem Schutzbrief garantierte ihnen Deutschland den militärischen Schutz des Reiches. Die Kosten für den Staat sollten gering bleiben, nur ab und zu sollte ein Kanonenboot seiner Majestät nach dem Rechten schauen.

Wenige Wochen nach dem Schutzbrief für Lüderitz hissten deutsche Abenteurer in Begleitung eines offiziellen Konsuls die deutsche Flagge in Togo und Kamerun. Zwar wurden auch diese Areale noch "Schutzgebiete" genannt, doch handelte es sich bereits de facto um Kolonien. Schließlich musste das Reich sie nun doch als offizielle Kolonien verwalten und vor allem verteidigen. Denn das deutsche Kolonialfieber erhitzte auch die Briten, die schon weltweit ein koloniales Empire gegründet hatten.

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