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Gesundheit: Karl der Große: Der bisher nur mutmaßliche Thron ist echt - Ein marmorner Sitz als Reliquie

Der rheinische Volksmund wusste es schon immer: Der marmorne Thron auf der Empore des altehrwürdigen Domes in Aachen ist der Herrschersitz Karls des Großen. Doch Wissenschaftler hatten vor 30 Jahren diesen frommen Glauben mit scheinbar harten Fakten widerlegt.

Der rheinische Volksmund wusste es schon immer: Der marmorne Thron auf der Empore des altehrwürdigen Domes in Aachen ist der Herrschersitz Karls des Großen. Doch Wissenschaftler hatten vor 30 Jahren diesen frommen Glauben mit scheinbar harten Fakten widerlegt. Der weiße Marmorsitz, dessen hölzerne Innenkonstruktion mit der Baumring-Methode von Experten auf ihr Alter bestimmt worden war, sei eindeutig erst ein gutes Jahrhundert nach Karl, nämlich zur Aachener Krönung König Otto des Großen im Jahr 936, errichtet worden.

Doch unerwartet, 1200 Jahre nach der Kaiserkrönung Karls, ist dank wesentlich verbesserter naturwissenschaftlicher Methoden nun wieder alles ganz anders. Das Eichenholz der schemelartigen Innenkonstruktion ist "mit Sicherheit zu Lebzeiten Karls und wahrscheinlich kurz vor dem Krönungsjahr 800 gefällt worden", umreißt der Leiter der Aachener Domschatzkammer, Georg Minkenberg, die Forschungsergebnisse. "Wir haben nicht gedacht, dass wir so etwas herausfinden, das ist eine Sensation", fasst Minkenberg die Überraschung des Wissenschaftlerteams um den Kölner Bauhistoriker Sven Schütte in Worte.

Unklar, so Minkenberg, sei jedoch, ob Kaiser Karl wirklich auf dem steinernen Sessel Platz genommen habe oder ob der Sitz eher eine bloß symbolische Bedeutung als Herrschaftszeichen hatte. Schließlich seien die Platten aus dem Marmor der Ägäis-Insel Paros mit ihren uralten Gebrauchsspuren schon in der römischen Antike benutzt worden. Damit habe der Frankenherrscher möglicherweise seine Rolle als Nachfolger der Cäsaren und mit der äußeren Gestalt des Thrones seine Verbindung zum alttestamentarischen König Salomon dokumentieren wollen. Minkenberg: "Wir glauben, dass alle Teile Reliquiencharakter haben."

Rätselhaft ist nach Angaben des Leiters der Domschatzkammer aber noch, warum der Thron in keiner der sonst so ausführlichen Schriften über Kaiser Karl erwähnt wird. "Daran haben die Historiker jetzt zu knabbern", meint Minkenberg. Präsentiert werden soll Karls Holzschemel aus dem Throninneren vom 11. Juni bis zum 3. Oktober bei einer Ausstellung über die 600-jährige Geschichte der Königskrönungen in Aachen.

Gerd Korinthenberg

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