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Gesundheit: Königliches Zwischenlager: Das spanische Kloster Escorial birgt ein Geheimnis: die Faulkammer

Wenn Besucher des riesigen Klosterpalastes von El Escorial die Treppe zur Grabstätte der spanischen Könige herabsteigen, kommen sie an einer unscheinbaren Holztür vorbei. Nur die Mönche des Augustiner-Klosters dürfen den Raum hinter der Tür betreten.

Wenn Besucher des riesigen Klosterpalastes von El Escorial die Treppe zur Grabstätte der spanischen Könige herabsteigen, kommen sie an einer unscheinbaren Holztür vorbei. Nur die Mönche des Augustiner-Klosters dürfen den Raum hinter der Tür betreten. Besuchern ist der Zutritt untersagt. Hinter der Holztür befindet sich ein mit Marmor ausgekleidetes, fensterloses Gewölbe, die so genannte "Faulkammer" (Pudridero).

Hier finden die spanischen Könige eine "vorletzte Ruhestätte", bevor ihre Gebeine in eine Urne im angrenzenden Pantheon umgebettet werden. In dieser Kammer ruhen derzeit drei Tote in ihren Särgen. Dies sind die Großmutter und die Eltern des jetzigen Monarchen Juan Carlos, Königin Victoria Eugenia sowie Don Juan und Dona Maria de las Mercedes.

Nach einer jahrhundertealten Tradition werden die Toten erst nach Ablauf von wenigstens 25 Jahren aus dieser Gruft in die eigentliche Grabstätte umgebettet. Die Faulkammer befindet sich neben dem Pantheon, in dem fast alle spanischen Monarchen der Habsburger und Bourbonen seit dem römisch-deutschen Kaiser Karl V. bestattet sind. Karl V. hatte in Spanien von 1516 bis 1556 als König Carlos I. geherrscht.

Wenn in Spanien ein König oder ein Mitglied der königlichen Familie stirbt, wird die Leiche den Mönchen des bei Madrid gelegenen Klosters übergeben. Früher hatten die Klosterbrüder bei der Entgegennahme des Leichnams nach einer alten Zeremonie drei Mal kräftig gegen den Sarg geschlagen. Dann sagte der Abt des Klosters: "Der König ist tot, denn er antwortet nicht."

Der Tote ruht in der Faulkammer mehrere Jahrzehnte, bis die Leiche bis auf die Knochen verwest ist. Später werden die Überreste in einer internen Zeremonie des Klosters, in den achteckigen Kuppelsaal des Pantheons umgebettet.

Um das "Pudridero" ranken sich zahlreiche Legenden. Der Hofmarschall von Karl V., der Herzog von Gandia, war angeblich so unsterblich in die Gemahlin des Herrschers verliebt, dass er nach deren Tod eines Tages den Sarg öffnete. Beim Anblick der halbverwesten Leiche rief er aus: "Ich werde nie mehr jemandem dienen, der eine Beute der Würmer wird." Er quittierte den Dienst und trat einem religiösen Orden bei.

Die Eltern des heutigen Monarchen Don Juan und Dona Maria werden dereinst die Letzten sein, deren Überreste aus dem "Pudridero" in das Pantheon der Könige umgebettet werden. Dann werden alle 26 Grabplätze in dem Kuppelsaal besetzt sein. Eine Aufstockung des Saals ist nicht möglich; denn darüber befindet sich der Hauptaltar der Basilika des Klosters.

Hubert Kahl

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