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Gesundheit: Lachse und Hechte kehren in deutsche Flüsse zurück

Nachdem vor einigen Jahren junge Lachse in Nebenflüssen der Elbe ausgesetzt worden waren, ist jetzt der erste ausgewachsene Fisch auf seinem Wege zum Laichplatz in Sachsen gefangen worden. Auch im Rhein gibt es längst wieder Lachse, nachdem bereits 1988 im Rahmen ihrer Wiedereinbürgerung an einem Nebenfluss im nordrhein-westfälischen Sieg Jungtiere ausgesetzt worden waren.

Nachdem vor einigen Jahren junge Lachse in Nebenflüssen der Elbe ausgesetzt worden waren, ist jetzt der erste ausgewachsene Fisch auf seinem Wege zum Laichplatz in Sachsen gefangen worden. Auch im Rhein gibt es längst wieder Lachse, nachdem bereits 1988 im Rahmen ihrer Wiedereinbürgerung an einem Nebenfluss im nordrhein-westfälischen Sieg Jungtiere ausgesetzt worden waren. Fischforscher sehen darin ein Indiz dafür, daß sich die Wasserqualität der Flüsse verbessert hat. Noch wichtiger ist, dass an Kraftwerken, Staudämmen und anderen Hindernissen verschiedene Umgehungsanlagen eingerichtet wurden, die den Tieren die lange Wanderung zwischen dem Meer und den Laichplätzen überhaupt ermöglichen.

Wie die Wanderung genau erfolgt, darüber berichteten Ende voriger Woche Wissenschaftler der Universität Köln auf einer Tagung von 120 Fischforschern aus Österreich, der Schweiz und Deutschland in Berlin. Mit Hilfe von Minisendern, die sie an den Tieren befestigen, können sie zum Beispiel die Bewegungen von Meeresforellen und des Lachses im niederländischen Rheindelta untersuchen. Das Rheindelta wurde im Zuge der Sturmflutsicherung stark verbaut, daher ist es nicht einfach, die bevorzugten Wanderrouten der Fische herausfinden.

Jungtiere wandern bekanntlich den Fluss hinab ins Meer und bleiben dort einige Jahre, bis sie geschlechtsreif sind. Dann schwimmen sie den Fluss hinauf zurück in ihr Heimatgewässer, um dort zu laichen. Rätselhaft dagegen ist immer noch, wie sich die Fische orientieren und den Heimatort über Hunderte von Kilometern Entfernung nach mehreren Jahren wiederfinden. Die Forscher sind mittlerweile sicher, dass Fische riechen können. "Wir meinen, dass sich die Jungtiere das chemische Muster ihrer Brutstätte einprägen", sagt Thomas Mehner vom Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. Die Fische folgen ihrem Geruchssinn und -gedächtnis auf dem Weg vom Meer zu den Orten ihrer Geburt. Mehner und seine Kollegen glauben, dass unter Wasser "eine extreme chemische Kommunikation" stattfindet. Dagegen wissen die Forscher nicht, was die Fische riechen und an welchen Stoffen sie sich orientieren. "Untersuchungen dazu gibt es kaum", so Mehner, "die sind ungeheuer schwierig und aufwendig."

Ein Rückgang der Gewässerverschmutzung ist nicht nur bei den Flüssen, sondern auch an den Binnenseen zu beobachten. Inzwischen fühlen sich dort wieder Raubfische wie Hecht und Barsch wohl und vermehren sich eifrig, wenn man sie aussetzt. Denn an Futter wie Brassen und Plötzen - den typischen Fischarten in belasteten Seen - mangelt es nicht. "Das weniger wertvolle und gefragte Fleisch etwa der Plötze wird dadurch in hochwertiges und schmackhafteres Fischfleisch verwandelt", sagt Mehner. Über diese sogenannte Biomanipulation freuen sich besonders die Binnenfischer und Angler.

Uwe Brämick vom IGB wies darauf hin, dass die Eutrophierung von Gewässern nur einen Faktor darstellt, der die Artenvielfalt und Diversität der Unterwasserflora beeinflusst. Gewässerfläche, Ufercharakteristik, Tiefe, pH-Wert und Art der Strömung sind weitere Faktoren. Mehr noch als die Wasserqualität, so ergab eine Untersuchung des Instituts für Gewässerökologie von 95 Brandenburger Seen, scheinen die Größe des Gewässers und ein naturbelassenes Ufer den Fischreichtum zu beeinflussen.

Ihrer Natürlichkeit beraubt sind auch die meisten Flüsse in Deutschland - eine Folge von Industrie und Tourismus. Quasi ein Modell für ein naturnahes Gewässer stellt dagegen die Oder dar - trotz der noch immer vorhandenen Wasserverschmutzung. Im Bereich des Nationalparks "Unteres Odertal" beobachten die Berliner Forscher strömungsliebende Arten wie Döbel, Aland, Weißflossengründling. Durch Vergleich mit diesem "Modellfluss" kann auf die "Natürlichkeit" anderer Flüsse geschlossen werden. So findet man zum Beispiel im Oberrhein mit seinen vielen Staustufen Fische, die eher für stehende Gewässer typisch sind.

Der Fischartenbestand in der westlichen Ostsee hat sich dagegen offenbar in den vergangenen 100 Jahren kaum verändert, wie Forscher der Universität Rostock berichteten. Im Trend sei sogar ein Zuwachs der Arten bis zur Gesamtzahl von 131 zu verzeichnen, der aber wohl auf die Häufung von Nachweisen seltener mariner Wandergäste zurückgeht. Eine beträchtliche Zahl von Arten kommt aus der Nordsee oder aus dem Süßwasser sporadisch bis regelmäßig in die südliche Ostsee und die Boddengewässer. Dies erschwert freilich eine systematische Erfassung der Fische. Dennoch müsste, so die Rostocker Forscher, der Kenntnisstand über die Fischfauna in der Ostsee noch verbessert werden.

Die Forscher können ihre Aussage nur auf Vergleiche von früheren Artenlisten mit der heutigen Roten Liste bedrohter Fischarten stützen. Quantitative Angaben etwa über die Dominanz bestimmter Arten früher und heute gibt es dagegen kaum, nicht zuletzt, weil die Untersuchungen äußerst aufwendig sind. Der baltische Stör ist offenbar ausgestorben, der Lachs dagegen schon wieder da, auch wenn man nicht weiß, ob es bereits eine stabile Lachs-Population gibt. Insgesamt aber sei gerade dieses Jahr wieder eine große Zahl von Fischen zu beobachten gewesen, berichten die Wissenschaftler. Nachdem bestimmte Fischfangverbote eingehalten werden, rückt wieder das alte, natürliche Problem des Binnenmeeres und seiner Bewohner wie Hering, Flunder, Scholle oder Dorsch in den Vordergrund: Um in der Ostsee leben und sich entsprechend vermehren zu können, sind sie auf den Zufluss salzigen, vor allem sauerstoffreichen Wassers aus der Nordsee angewiesen.

Neben der Gewässerökologie war die Ichthyologie ein weiterer Schwerpunkt der Tagung in der Humboldt-Universität. Die Forscher dieses Fachgebiets betreiben Aquaristik auf gehobenem, wissenschaftlichen Niveau. Im Hauptvortrag gedachten die Forscher des 200. Todestages des heute kaum bekannten Wissenschaftlers Marcus Elieser Bloch. Dieser bedeutendste deutsche Fischforscher wirkte als wohlhabener Arzt in Berlin und war eng mit Moses Mendelssohn befreundet. Im In- und Ausland genoss er großes Ansehen. Die Preußische Akademie der Wissenschaften versagte ihm jedoch wegen seiner jüdischen Abstammung die Mitgliedschaft.

Naturforschung betrieb Bloch zunächst nur nebenbei. Als er bemerkte, dass man über Fische äußerst wenig wusste, ließ er sich Wasserbewohner aus aller Welt schicken, untersuchte, präparierte und beschrieb sie. So entstanden wertvolle mehrbändige Werke, die heute als Klassiker der Ichthyologie gelten. Ein Teil der umfangreichen Blochschen Sammlung kann im Berliner Naturkundemuseum besichtigt werden.Die Sonderausstellung über das Leben von Marcus Bloch mit Teilen seiner Sammlung zeigt das Museum für Naturkunde noch bis zum 30. Oktober (Berlin-Mitte, Invalidenstraße 43, täglich außer montags von 9 Uhr 30 bis 17 Uhr).

Michael Ochel

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