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Gesundheit: „Lasst die Genetik frei“

James Watson eröffnet Berliner Ausstellung

James Watson, der Entdecker der DNSDoppelhelix, ist ein Mann von 76 Jahren. Er hat schütteres Haar, tiefe Falten und wirkt manchmal abwesend. Aber das täuscht. Denn seine hellen, blaugrauen Augen sind noch jung und lebendig. Wenn Watson einen neuen Gedanken hat, blitzen sie auf. Und dann ist da dieses spitzbübische Lachen, bei dem er seine Zähne zeigt. Am meisten freut Watson sich, wenn er provozieren kann: „Lasst die Genetik frei!“ ruft er den Journalisten zu, die an diesem Montag zur Ausstellungseröffnung ins Berliner Medizinhistorische Museum in der Charité gekommen sind. Titel: „James D. Watson, Genomforscher und Schriftsteller.“

Die Genetik freilassen, und das in Deutschland? Watson kennt Geschichte sehr gut, und er hat die deutsche Wissenschaft vor einigen Jahren dafür gescholten, die eigenen Verbrechen während der Nazi-Zeit zu lange verschwiegen zu haben. Watsons eigenes Leben wurde entscheidend durch zwei Emigranten geprägt. Der Berliner Max Delbrück, einer der Pioniere der Genforschung, war in den USA einer von Watsons Kollegen. Und da war der von Delbrück beeinflusste Physiker Erwin Schrödinger (der ebenfalls Berlin verlassen musste), dessen Aufsatz „Was ist Leben?“ das Nachwuchstalent Watson 1946 dazu brachte, sich auf die DNS-Fährte zu setzen.

Der Biologe zieht aus der deutschen Geschichte vor allem eine Lehre: Der Staat soll sich aus den persönlichen Belangen seiner Bürger raushalten. Denn der Missbrauch der Gentechnik ist vor allem dem Staat anzulasten. „Frauen sollen selbst entscheiden, ob sie Gentests anwenden wollen, um eine Behinderung ihres Kindes zu erkennen“, sagt er. Aber Deutschland lasse seinen Bürgern oftmals keine Wahl.

Forscher, Schriftsteller, Promoter der Wissenschaft – die Ausstellung bietet einen guten Eindruck von der Vielseitigkeit und Schaffenskraft Watsons, gezeigt werden Briefe, Dokumente, Fotos und Schriften. Auch wenn seine produktive Unruhe nur schwer einzufangen ist. wez

Die Ausstellung zu James Watsons Werk läuft bis zum 20. Februar 2005. Zu sehen ist sie im Berliner Medizinhistorischen Museum in der Schumannstraße 20/21 (Charité). Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr, am Mittwoch bis 19 Uhr. Watson spricht außerdem heute um 11 Uhr im Institut für Physiologie der Freien Universität Berlin, Arnimallee 22.

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