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Gemeinsam läuft’s besser. Mit rund 14 000 Teilnehmerinnen ist der Berliner Frauenlauf der größte in Deutschland. Ein Euro pro Startgeld geht an die Krebsgesellschaft. Foto: ddp

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Gesundheit: Laufend Gutes tun

Am Sonnabend rennen wieder Tausende beim Frauenlauf im Tiergarten. Ein Teil der Erlöse geht an die Berliner Krebsgesellschaft. Sie finanziert damit Gesprächs-, Tanz- und Schwimmtherapien. Denn Bewegung beugt Krebs vor und hilft nach einer Erkrankung

„Leise brummend fühlte ich mich wohl, während der Wind streifenweise den Schweiß trocknete.“ So poetisch beschreibt der Schriftsteller Günter Herburger sein Laufgefühl. Kein Zweifel: Es kann gut tun, ein paar Kilometer zu laufen. Auch der Gesundheit. Inzwischen gibt es zu den wohltätigen Wirkungen eines bewegten Lebensstils wissenschaftliche Studien in Hülle und Fülle. Von allen Maßnahmen, mit denen man sein persönliches Krebsrisiko verringern kann, schneiden – abgesehen vom Nichtrauchen – Sport und Bewegung am besten ab. „Erfreulicherweise zeigen diese Untersuchungen auch, dass es nicht notwendig ist, intensiv zu trainieren oder sogar an Wettkämpfen teilzunehmen“, sagt der Charité-Sportmediziner (und Läufer) Fernando Dimeo.

Beim Berliner Frauenlauf, der kommenden Samstag zum 27. Mal im Tiergarten stattfindet, kommt etwas hinzu. Denn die rund 14 000 Teilnehmerinnen, die bei Deutschlands größtem Frauenlauf über fünf oder zehn Kilometer joggen oder walken, tun auch anderen etwas Gutes. Vom Startgeld geht je ein Euro an die Berliner Krebsgesellschaft e.V. Außerdem ist es schon Tradition, dass Läuferinnen Teams bilden und Sponsoren suchen, die jeden gelaufenen Kilometer mit einem festen Spendenbetrag belohnen. „Viele der Läuferinnen haben ein persönliches Motiv, sie wollen Solidarität zeigen und Unterstützung geben, aber auch sich selbst und ihre Kräfte erproben, manchmal auch nach einer eigenen Krebserkrankung“, berichtet die Sozialpädagogin und Psychoonkologin Elvira Muffler von der Berliner Krebsgesellschaft. Das Geld fließt in einen Härtefonds, mit dem die spendenfinanzierte Organisation Menschen unterstützt, die aufgrund ihrer Erkrankung in finanzielle Notlage geraten sind. Rechnet man die Vorläufereinrichtung – das 1900 gegründete „Komitee für Krebsforschung“ – dazu, dann blickt der hauptstädtische Landesverband der Deutschen Krebsgesellschaft übrigens auf eine lange Geschichte zurück.

Nicht zuletzt mit Bewegungsangeboten versucht der Verein, Menschen zu helfen, die Krebs hatten oder haben. Studien belegen inzwischen, dass Bewegung die Chancen erhöht, von einem Rückfall verschont zu bleiben. „Frauen, die drei bis viermal pro Woche 40 Minuten oder länger spazieren gegangen sind, hatten ein deutlich geringeres Risiko“, berichtet Dimeo. Sogar direkt nach einer Stammzelltransplantation kann ein Bewegungsprogramm segensreich sein. Leukämie-Patienten, die eine solche Behandlung mitmachen müssen, leiden danach oft länger unter Müdigkeit und Antriebsschwäche. In der José Carreras Fatigue Ambulanz der Charité haben Dimeo und seine Mitarbeiter zeigen können, dass man mit einem täglichen Aufbautraining merklich dagegen ankommen kann.

Wenn die Behandlungen in der Klinik überstanden sind und die Rehabilitation geholfen hat, den Übergang in den Alltag etwas sanfter zu gestalten, verbinden viele ehemalige Krebskranke Bewegung vor allem mit dem Wunsch, sich zu verändern in einem Leben, das viele als neu geschenkt empfinden. Seit Neuestem bietet die Berliner Krebsgesellschaft auch Tanztherapie an. „Ich möchte etwas umwälzen“, hat eine Kursteilnehmerin kürzlich zur Ausdruckstherapeutin Ute Schürgens gesagt. Tanztherapie ist für Schürgens ein Weg, über den Körper mit den Gefühlen in Verbindung zu kommen. „Viele Krebspatienten leiden ja vor allem unter dem Gefühl, sich auf ihren Körper nicht mehr verlassen zu können.“ In kleiner Gruppe haben sie die Möglichkeit, dieses Vertrauen nach und nach wieder aufzubauen.

Vielleicht zeigt sich dabei auch, dass jemand gern mehr Sport machen würde. Psychoonkologin Elvira Muffler empfiehlt das in den persönlichen Beratungsgesprächen immer wieder. So passt es ausgesprochen gut, dass die Berliner Krebsgesellschaft auch 27 Schwimm- und Gymnastikgruppen in Berlin finanziell fördert. „Die Menschen, die zu uns in die Beratungsstelle kommen, sind aber häufig so belastet, dass sie noch mehr brauchen als ein Bewegungsprogramm“, sagt Muffler. Der größte Teil ihrer Arbeit besteht in Einzelgesprächen mit Krebskranken oder ihren Angehörigen, doch sie spricht auch mit Paaren oder Familien. Immer wieder geht um Angst: vor einer anstehenden Behandlung, vor dem Sterben, vor der Krankheit und ihren Folgen, vor dem Verlassenwerden, vor dem finanziellen Absturz. „Die Angst von Krebspatienten kann man mit den üblichen Angststörungen überhaupt nicht vergleichen“, so Muffler. Sie findet es deshalb wichtig, dass Betroffene, die eine Psychotherapie brauchen, zu einem ausgebildeten Psychoonkologen gehen können. Doch selbst im psychotherapeutisch verwöhnten Berlin gibt es davon nur wenige.

Umso wichtiger sind die Gesprächsgruppen, die die Krebsgesellschaft ebenfalls anbietet. Bisher werden sie von Frauen deutlich besser angenommen als von Männern. Mit den Selbsthilfegruppen ist es ähnlich. „Die Gruppenangebote sprechen offensichtlich Frauen eher an“, sagt Muffler. Um das zu ändern, bietet sie jetzt eine Gesprächsgruppe nur für krebskranke Männer an. Themen wie Inkontinenz und Impotenz, die viele von Prostatakrebs betroffene Männer beschäftigen, lassen sich in gemischten Gruppen schlecht bereden. Aber auch unabhängig von diesen körperlichen Beschwerden setzen Männer nach einer Krebserkrankung andere Schwerpunkte. „Ihre Sorgen drehen sich sehr stark um Berufstätigkeit, Identität und Selbstwertgefühl. Die Auseinandersetzung mit Angst und Schwäche findet in anderer Form statt als in den Frauengruppen“, sagt Muffler. Ihr Ziel ist es, dass die Männerrunde, die sich jetzt einmal im Monat unter ihrer Leitung trifft, später als Selbsthilfegruppe weiterläuft. Und wer weiß, vielleicht werden schon bald bei einem eigenen Männersport-Event Spenden gesammelt.

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