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Gesundheit: Lehre muss sich lohnen

Die Hochschulen brauchen erhebliche Bundeshilfen, die Länder neue Anreize Von Swen Schulz

Die Föderalismusreform ist verabschiedet, die Herausforderungen für die Hochschulpolitik sind geblieben: Prognosen gehen von bis zu 50 Prozent mehr Studierenden als heute aus. Gleichzeitig bedarf die Umsetzung der Studienreformen deutlich höherer Ausgaben für die Lehre. Es müssten eine Milliarde Euro jährlich zusätzlich investiert werden, um die Chancen zu nutzen, die in der Stärkung der Hochschulen stecken.

Diesen finanziellen Kraftakt können die Länder alleine nicht leisten. Am Beispiel Berlin wird das sehr deutlich. Ungeachtet der starken Nachfrage nach Studienplätzen diktiert die Haushaltsnotlage Einsparungen. Die Zahl der ausfinanzierten Studienplätze sinkt auf unter 80 000. Es müssen jedoch 100 000 werden.

Der Bund ist also gefragt, damit in Berlin und in ganz Deutschland ein ausreichendes und gutes Studienangebot gemacht werden kann. Bundesministerin Schavan hatte vor Verabschiedung der Föderalismusreform vorgeschlagen, dass der Bund stärker in die Forschungsfinanzierung einsteigt, damit die Länder Mittel in die Lehre umschichten können. Diese „Bypass-Finanzierung“ wäre jedoch gleich der erste Bruch der neuen Verfassung gewesen und hätte einseitig forschungsorientierte Länder begünstigt. Dieses Modell kann vom Tisch, denn auf Druck der SPD ist im Grundgesetz die Gemeinschaftsaufgabe Wissenschaft verankert worden, wodurch eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern auch bei der Lehre möglich ist.

Wenn die Ministerin mehr für die Forschung tun möchte, ist das zu begrüßen. Doch sie ist auch Bildungsministerin und muss mit dem gleichen Engagement die Lehre stärken wollen. Der Bund sollte Geld in die Hand nehmen, um erstens in einem Sonderprogramm den Aufbau von Studienplätzen zu finanzieren, zweitens eine höhere Qualität der Lehre zu unterstützen und um drittens zu helfen, einen neuen ordnungspolitischen Rahmen für die Hochschulfinanzierung zu schaffen.

Schon heute übernehmen die Hochschulen Berlins Ausbildungsleistungen für ganz Deutschland. Die Hälfte der Studierenden hat das Abitur anderswo gemacht. Doch warum sollte das arme Berlin etwa für Bayern die Hochschulbildung finanzieren? Das nationale Interesse an Ausbau und Verbesserung der Lehre steht gegen die regionalen Sparwünsche und -zwänge. Der Föderalismus soll sich durch Wettbewerb auszeichnen, doch hier herrscht föderale Lähmung: Viele stehen auf dem Trittbrett und wundern sich, dass der kleine Rest nicht fahren will oder kann. Das darf so nicht bleiben. Es muss sich für die Länder lohnen, attraktive Studienplätze einzurichten.

Der dazu notwendige „Vorteilsausgleich“, also die Finanzierung des Studiums durch die Herkunftsländer, ist aber schwer umzusetzen, denn die Trittbrettfahrer unter den Ländern wollen sich nicht bewegen. Entscheidend wird der politische Druck sein, diese nationale Aufgabe zu bewältigen. Und der Bund muss Anreize geben, muss anbieten, Kosten zu übernehmen. Da ist es mit 200 oder auch 400 Millionen zusätzlichen Euro für Lehre nicht getan.

Der Autor ist für die SPD Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technologiefolgenabschätzung des Deutschen Bundestags.

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