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Gesundheit: Lehrfach Klonen

Die Stanford-Universität gründet ein Institut für die umstrittene Stammzellforschung

Die Stanford-Universität in Palo Alto, gute 50 Kilometer von San Francisco entfernt, ist ein Traum. Für amerikanische Schüler und Studenten – aber nicht nur für sie: Sie ist es für junge Menschen weltweit, denn sie ist, mit Harvard, die Elite-Uni schlechthin.

Das ist wohl ein Grund dafür, weshalb es weltweit Wellen schlägt, wenn diese Universität verkündet, sie habe ein neues Institut gegründet, in dem man wohl auch menschliche Embryonenklons herstellen wird. Finanziert wird das Projekt von einem anonymen Spender, der dafür zwölf Millionen US-Dollar aufgebracht hat.

Doch auf den Schock folgt auch gleich die Beruhigung: Es geht hier nicht um die Schaffung kopierter Kinder, wie es der römische Klonarzt Severino Antinori und die US-Ufo- Sekte Raël vorhaben. An der Stanford-Universität hat man etwas ganz anderes vor: Es geht um die Gewinnung und Untersuchung von embryonalen Stammzellen. Damit hoffen die Forscher, Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Parkinson besser in den Griff zu bekommen. „Letztlich ist es unser Ziel, die Behandlung von Krebs und anderen lebensbedrohlichen Krankheiten zu verbessern“, sagte der Medizin-Dekan und Krebsforscher Philip Pizzo von der Stanford-Universität dem Tagesspiegel.

Wunderkinder der Medizin

Krebs, Diabetes, Parkinson – bei der Auflistung dieser so unterschiedlichen Krankheiten, hört es sich an, als hoffe man da auf ein Wundermittel. Und tatsächlich sehen viele Forscher in den Stammzellen so etwas wie „Wunderkinder der Medizin“. Die Zellen befinden sich im Embryo, es sind die „Urzellen“, aus denen sich alle anderen Zellen unseres Körpers entwickeln, Leber–, Nerven–, Blutzellen.

Da diese Urzellen sich also noch zu jedem Gewebetyp entwickeln lassen, könnte man sie als Ersatzzellen einsetzen, um so kaputtes Gewebe zu reparieren. Besonders nützlich könnte das für solche Organe sein, von denen unser Leben unmittelbar abhängt, die aber nicht oder kaum die Fähigkeit haben, sich selbst zu regenerieren: das Herz und das Hirn. Die Erfolge auf diesem Gebiet sind bislang sehr bescheiden.

Die Hoffnung aber ist groß – und in Versuchen ist es auch schon gelungen, zum Beispiel Stammzellen in Hirnzellen zu verwandeln. Auf ein Verfahren setzt man dabei insbesondere: das „therapeutische Klonen“.

Bei dieser Technik nimmt man die Körperzelle eines Patienten, zum Beispiel eine Hautzelle, und entfernt daraus das Erbgut. Dieses Erbgut pflanzt man in eine zuvor „geleerte“ Eizelle. Die Eizelle besitzt jetzt das Erbgut des Patienten. Im Reagenzglas kann man die Eizelle zu einem Embryo heranwachsen lassen. Und in diesem Embryo befinden sich die begehrten Stammzellen, die man mit einer Pipette herausnehmen und sich anschließend in verschiedene Gewebetypen entwickeln lassen kann. Der Clou: Das Gewebe hätte die Gene des Patienten. Bei einer Transplantation würde es deshalb nicht abgestoßen (siehe Grafik oben).

Auch in Stanford könnte man auf diese Methode zurückgreifen, wie der neue Institutsleiter und Stammzellforscher Irving Weissman sagt – und genau hier liegt eine besondere Brisanz.

Denn für die Gewinnung von Stammzellen braucht man Embryonen. Üblicherweise nutzen Forscher dazu Embryonen, die in Kliniken, die künstliche Befruchtungen vornehmen, übrig geblieben sind. Viele sehen darin ethisch kein Problem, weil aus diesen „überschüssigen“ Embryonen ohnehin nie Kinder entstanden wären.

In den USA ist die Gewinnung von Stammzellen aus solchen Embryonen auch erlaubt – seit einer Entscheidung von US-Präsident George W. Bush vom 9. August 2001 aber darf die Herstellung von Stammzellen nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Eine Ausnahme bildet dabei die Forschung mit Stammzellen, die es bereits vor der Entscheidung Bushs gab.

In Deutschland ist selbst die Gewinnung von menschlichen embryonalen Stammzellen verboten – erlaubt ist aber der Import aus dem Ausland. So hat es der Bundestag am 30. Januar dieses Jahres beschlossen. Zellen, die nach diesem Datum hergestellt wurden, dürfen allerdings auch nicht importiert werden.

Studien zum Brustkrebs

Ethisch bedenklich ist vor allem das therapeutische Klonen: Denn dabei muss ein Embryo eigens hergestellt und zerstört werden. Nachdem man dem Embryo mit einer Pipette Stammzellen entnommen hat, würde nämlich kein Arzt diesen geschädigten Embryo mehr in eine Gebärmutter einpflanzen. Hinzu kommt, dass man für diese Technik Eizellen braucht. Viele befürchten, dass die Frau damit zu einer Rohstofflieferantin werden könnte. In Deutschland ist das therapeutische Klonen deshalb verboten. In den USA ist es nach wie vor erlaubt – auch wenn Bush strikt dagegen ist.

Die Forscher in Stanford wollen zunächst auf das therapeutische Klonen verzichten. Stattdessen will Institutsleiter Weissman die Stammzellen direkt genetisch verändern. So könnte man auch Stammzellen herstellen, die eine Genmutation haben, die mit Brustkrebs in Verbindung gebracht wird. Wenn man diese Stammzellen anschließend zu Brustgewebe kultivieren würde, ließe sich verfolgen, wie das mutierte Gen den Krebs verursacht.

Eine andere Möglichkeit wäre es, das Erbgut eines Krebspatienten zu nehmen und direkt in eine zuvor genetisch geleerte Stammzelle zu verpflanzen. Ein Embryo käme gar nicht ins Spiel – trotzdem könnte man die Gewebe-Entwicklung verfolgen. Ob das funktioniert, weiß keiner. Wenn nicht, dann wird man in dem neuen Institut auf das therapeutische Klonen übergehen. Für eine große Gruppe von Kritikern und auch für Präsident George Bush wird dann aus Stanford, diesem Traum aller Studenten, ein Albtraum.

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