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Gesundheit: Leistungsanreize, aber keine Sanktionen für Professoren

Bachelor und Master sollen innerhalb der nächsten fünf Jahre die deutschen Hochschulen radikal verändern. Das hat der Wissenschaftsrat mit Unterstützung von Bund und Ländern beschlossen.

Bachelor und Master sollen innerhalb der nächsten fünf Jahre die deutschen Hochschulen radikal verändern. Das hat der Wissenschaftsrat mit Unterstützung von Bund und Ländern beschlossen. Gestern ist ein weiterer Baustein für die große Hochschulreform gesetzt worden: Die Besoldungsreform nimmt Konturen an.

Zur großen Enttäuschung der Fachhochschulprofessoren soll es bei unterschiedlichen Grundgehältern bleiben: die Universitätsprofessoren können von 8300 Mark Grundgehalt ausgehen, die Fachhochschulprofessoren von 7000 Mark. Wer sich jedoch besonders in der Forschung zum Beispiel durch die Einwerbung von Drittmitteln bewährt oder in der Lehre mehr Studenten als andere bis zum Examen betreut, kann mit Leistungszulagen rechnen. Das Geld dafür wird aus der Masse genommen, die bisher den Professoren als reiner Alterszuschlag gegeben wurde. An den Universitäten sollen bis zu 2150 DM monatlich über Zuschläge extra gezahlt werden können, an den Fachhochschulen bis zu 1850 DM.

Alle fünf bis sieben Jahre werden die Leistungen neu beurteilt. Wer nachlässt, wird keine zusätzlichen Zuschläge bekommen, sondern bleibt auf dem bisherigen Niveau stehen. Denn das neue Besoldungssystem soll keine Sanktionen verhängen, sondern Anreize bieten. Diese Einzelheiten gaben gestern vor der Presse die Expertenkommission für die Reform des Hochschuldienstrechts und Bundeswissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn bekannt.

Damit die Besoldungsreform nach nachvollziehbaren Regeln umgesetzt werden kann, müssen die Hochschulen künftig je nach Fach die Kriterien für die Leistungsvergabe entwickeln. Die Vorschläge, wer für leistungsabhängige Zuschläge infrage kommt, sollen aus den Fachbereichen oder Fakultäten kommen, würden aber letztlich von den Hochschulleitungen entschieden, erklärten gestern der Vorsitzende der Expertenkommission, der bisherige Präsident der Humboldt-Universität Hans Meyer, und der Generalsekretär der VW-Stiftung Wilhelm Krull.

Bundeswissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn erwartet, dass noch in dieser Legislaturperiode die Besoldungs- und Dienstrechtsreform gesetzlich abgeschlossen werden kann. Sie ist sich der Hilfe durch das Bundesinnenministerium, das im Beamten- und Besoldungsrecht die Federführung hat, sicher. Außerdem erwartet sie eine entsprechende Unterstützung durch die Länder. Diese wird sie auch benötigen. Denn es müssen bei diesem Kernstück der Hochschulreform nicht nur die Beamten- und Besoldungsgesetze geändert werden, sondern auch das Hochschulrahmengesetz. Da sind Bund und Länder in gleichem Maße gefragt. Der Abschluss dieses Gesetzgebungsverfahrens in dieser Legislaturperiode ist für Ministerin Bulmahn auch deshalb wichtig, weil nur ein schmales Zeitfenster zur Verfügung stehe: In den nächsten Jahren scheide etwa die Hälfte der Professoren aus dem Dienst, und daher könnten Neuberufungen in großer Zahl nach den neuen Bedingungen erfolgen. Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Klaus von Trotha (CDU) hat die Vorschläge der Expertenkommission begrüßt und ebenfalls die Hoffnung geäußert, dass die Umsetzung noch in bis zum Jahre 2002 möglich wird.

Eines der Kernprobleme der bisherigen Wissenschaftlerlaufbahn ist die Länge der Qualifikationszeiten. Weil die Promotion meistens vier Jahre dauert, die Habilitation bis zu acht Jahren in Anspruch nimmt, war die Erstberufung zum Professor erst mit 40 Jahren möglich. Bis dahin war dem Nachwuchswissenschaftler eine selbstständige Tätigkeit in Forschung und Lehre versagt. Das soll sich künftig ändern. Es soll der Juniorprofessor eingeführt werden, der von dem Tage seiner Ernennung an selbstständig forschen und lehren darf.

Durch diesen Teil der Reform wird ein neuer Zeitrhythmus eingeführt, der nicht unbedingt zu der außerordentlichen Beschleunigung aller Qualifikationszeiten beitragen dürfte, wie sie der Kultusministerkonferenz vorschwebt. Die Kultusminister wollten folgende Beschleunigung erreichen: Nach der Beendigung des Studiums mit 25 Jahren wird der Nachwuchswissenschaftler drei Jahre später promoviert und in den folgenden sechs Jahren als Assistenzprofessor tätig. Die Erstberufung zum Professor könnte dann mit 34 bis 35 Jahren möglich werden. Die Expertenkommission meint dagegen, dass nach einem Studienabschluss die Promotion drei bis vier Jahr dauert, sich danach eine Postdoktorandenphase von weiteren drei Jahren anschließt und erst dann die Juniorprofessur beginnt - zunächst auf drei Jahre und nach positiver Begutachtung schließt sich eine Verlängerungsphase von weiteren drei Jahren an. Mit anderen Worten: Bevor die Erstberufung zum vollwertigen Professor erfolgen kann, dauert der Qualifikationsweg des Nachwuchswissenschaftlers bis zum 38. Lebensjahr.

Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Klaus von Trotha (CDU) unterstützt ausdrücklich den Vorschlag, dass künftig die Nachwuchswissenschaftler früher in die Selbstständigkeit in Forschung und Lehre entlassen werden. Diese Grundsatzentscheidung sei überfällig gewesen. Nur seien die Qualifikationszeiten mit neun Jahren immer noch zu lang. Mit dieser Dauer könne ein zentrales Reformziel nicht erreicht werden.

Uwe Schlicht

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