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Gesundheit: Leukämie: Spürhund mit Giftfracht für die Krebszelle

Vor 100 Jahren träumte der Berliner Immunforscher Paul Ehrlich von "Zauberkugeln". Damit meinte er Arzneien, die wie von magischer Hand gelenkt genau ihr Ziel treffen.

Vor 100 Jahren träumte der Berliner Immunforscher Paul Ehrlich von "Zauberkugeln". Damit meinte er Arzneien, die wie von magischer Hand gelenkt genau ihr Ziel treffen. Unser Organismus hat solche Zauberkugeln - die Antikörper. Diese Eiweißstoffe werden von Immunzellen gebildet und haften sich an körperfremde Eindringlinge oder krankes Gewebe. Inzwischen werden sie gentechnisch nachgebaut und bei immer mehr Krankheiten eingesetzt.

Jetzt hat eine amerikanische Forschergruppe eine raffinierte Spielart von Antikörpern entwickelt und erfolgreich gegen Blutkrebs eingesetzt. Die Forscher vom Nationalen Krebsinstitut der USA in Bethesda koppelten ein Bakteriengift an den Antikörper und machten ihn auf diese Weise besonders wirksam.

Wie Robert Kreitman und seine Kollegen im Fachblatt "New England Journal of Medicine" berichten, behandelten sie Patienten mit einer Haarzell-Leukämie, eine Form von Blutkrebs, die von bestimmten weißen Blutkörperchen, den B-Zellen, ausgeht. Die wuchernden Zellen haben eine Besonderheit: auf ihrer Oberfläche tragen sie ein verräterisches Eiweiß namens CD 22. Die Forscher bauten einen Antikörper, der sich exakt an das CD 22-Molekül koppelte. An ihren Antikörper hefteten sie ein dem Bakterium Pseudomonas entlehnten Giftstoff. Einmal von der Krebszelle aufgenommen, wird das Gift frei und führt zum Zelltod.

Die Ärzte behandelten 16 Patienten mit Haarzell-Leukämie, bei denen das häufig verwandte und an sich gut wirksame Blutkrebsmittel Cladribin versagt hatte und die damit kaum noch eine Chance hatten. Bei elf dieser Kranken bildete sich der Krebs völlig zurück, bei zwei Patienten immerhin teilweise. Drei der elf zunächst vom Krebs befreiten Vesuchspersonen bekamen einen Rückfall, der aber mit dem gleichen Antikörper erfolgreich behandelt wurde. Einige der Patienten sind bereits seit mehr als einem Jahr frei von Krebs. Im Knochenmark - ein beliebter Aufenthaltsort für Leukämiezellen - fanden sich nur bei einem der elf Patienten noch molekulare Fußspuren von krebsverdächtigen Zellen.

Eine perfekte Zauberkugel à la Ehrlich ist allerdings auch das Krebsmittel BL-22 - so nennen die US-Forscher ihr Immungift - noch nicht. Denn als Nebenwirkungen traten Fieber, niedriger Blutdruck und Muskelschmerzen auf. In zwei Fällen wurden massiv rote Blutkörperchen zerstört.

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