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Gesundheit: Meister der Gesundheit

Berlin und Brandenburg haben große Pläne

Wenn es um die Gesundheit geht, sollen Berlin und Brandenburg sich bundesweit an die Spitze setzen. „Die Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg wird zu dem innovativsten und leistungsstärksten Zentrum der Gesundheitswirtschaft in Deutschland“, lautet die ambitionierte Formulierung im Vorschlag für einen „Masterplan Gesundheitsregion Berlin- Brandenburg“ – ganz so, als planten andere deutsche Regionen nicht ähnliches, gebe es Konkurrenten wie München oder Heidelberg nicht. Vorgelegt haben das Papier die Staatsekretäre für Wirtschaft, Gesundheit und Wissenschaft sowie die Chefs der Senats- beziehungsweise der Staatskanzlei beider Länder, geistige Väter sind der Gesundheitsmanager Günter Stock und Hans-Joachim Brauns, Professor der Fachhochschule Alice Salomon.

Seit etwa einem Jahr liegt die Vision auf dem Tisch, letzte Anpassungen gab es im April. Gestern wollten die Wissenschaftsausschüsse Berlins und Brandenburgs darüber diskutieren, vertagten die Debatte aber wegen einer zu vollen Tagesordnung auf die Zeit nach den Wahlen ins kommende Frühjahr. Eilig haben es die Parlamentarier nicht mit dem Papier. Ein „ungeliebtes Kind“ nennt es einer. Gezeugt hätten es zig Lobbyisten und Interessengruppen – mit der Folge, dass der „Masterplan“ nun zwar zur Zufriedenheit aller alles wolle, aber eben dadurch bedeutungslos für die Wirklichkeit sei.

Dass sich das hohe Potenzial im Gesundheitssektor noch besser heben ließe, wird unterdessen nicht angezweifelt. Schon jetzt überschreite „die Zahl der Akteure“ in vielen Bereichen die für leistungsstarke Forschung und Entwicklung nötige „kritische Masse“, stellt der „Masterplan“ erfreut fest: etwa in der Biotechnologie, der Medizintechnik, der Telemedizin und der Lasermedizin. In der Region gebe es „eine außergewöhnliche Dichte“ gesundheitsbezogener Forschung. Beide Länder konzentrierten sich dabei besonders auf die molekulare Medizin und die Biotechnologie. In der Genomforschung hätten sich Berlin und Brandenburg zu einem der führenden Standorte in Deutschland entwickelt: Beteiligt sind hier die Unis, das Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik in Dahlem, das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, die Biotechnologiestandorte in Teltow-Seehof oder Potsdam-Hermannswerder.

Zu den „strategischen Zielen“ heißt es im „Masterplan“, man wolle ein „positives Investitionsklima für Gesundheit“ schaffen, die länderübergreifenden Netzwerke (TSBmedici oder BioTOP) ebenso ausbauen wie die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Versorgung. In der Forschung wollen die Länder „innovative Ansätze“ fördern (etwa die translationale Forschung), die gesundheitsbezogenen Teile in den Ingenieurwissenschaften, den Natur-, Informations- oder den Wirtschaftswissenschaften sollen mit einbezogen werden. Kurzfristige Vorhaben sollen bis 2008 umgesetzt sein, langfristige bis 2015.

Aus Sicht der Berliner Grünen Lisa Paus stehen im „Masterplan“ zwar „lauter schöne Sätze“. Doch schon jetzt sei offenkundig, dass die Politik nur Lippenbekenntnisse zum Gesundheitssektor abgebe. So schwäche der Senat den Biocampus Dahlem, indem er die dortige Vorklinik schließe. Auch sei die Vorstellung, es könnten bis 2010 in der Region 70 000 Arbeitsplätze im Gesundheitswesen entstehen, illusorisch, wie nicht nur der drohende Stellenabbau bei Schering zeige. Dieser Ansicht ist auch Bert Flemming (SPD): In Berlins Krankenhäusern würden nach Einführung der Fallpauschalen Stellen abgebaut, die Ärztedichte der Hauptstadt sei generell nicht steigerungsfähig, sondern viel zu hoch.

Naiv sei es auch zu glauben, Berlin werde reich werden, indem es reiche Leute aus Saudi-Arabien behandle. Der Anteil solcher Patienten aus dem Ausland in Deutschland liege bei 0,5 Prozent, sagt Flemming. Einfältig sei es auch anzunehmen, neue Trends in der Medizin ließen sich vorhersagen. Wer so denke, laufe Gefahr, bestimmte Forschungsfelder abzubauen und nicht mehr reaktionsfähig zu sein, wenn es überraschende neue Entwicklungen gibt. Deshalb müsse man zwar bestimmte „Spitzen aufbauen, breite Grundlagen aber erhalten“. Es sei zu hoffen, dass der neue Berliner Senat das Papier konkretisiere und mit Fakten untermauere. Ansonsten werde der „Masterplan“ einfach in der Schublade verschwinden.

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