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Gesundheit: Mit Strahlen gegen Krebs

Die Radiologie spielt eine wichtige Rolle bei der Diagnose und Behandlung von Krebs Ein Patiententag in Berlin informiert Erkrankte, aber auch Gesunde über medizinische Fortschritte

WORUM GEHT ES BEIM PATIENTENTAG?

Krebskranken soll die Veranstaltung Mut machen, indem sie medizinische Fortschritte präsentiert, und Gesunden soll sie zeigen, wie wichtig und leistungsfähig Vorsorgeuntersuchungen sind. Im Mittelpunkt des Patiententags steht die Radiologie; jenes Teilgebiet der Medizin, das sich mit der Anwendung von Strahlen, besonders von Röntgenstrahlen, befasst. Denn die können zwar, wenn sie zu stark einwirken, selbst Krebs auslösen. In niedriger Dosis helfen sie jedoch, bösartige Tumore nicht nur immer früher und exakter aufzuspüren, sondern auch immer besser zu bekämpfen.

WAS KANN MAN TUN, UM BRUSTKREBS RECHTZEITIG ZU ERKENNEN?

„Je früher Brustkrebs erkannt wird, desto besser kann er behandelt werden“, sagt Ulrike Helbig, Geschäftsführerin der Berliner Krebsgesellschaft. „Seit dem vergangenen Jahr gibt es ein neues Angebot für die Früherkennung, dass man auf jeden Fall nutzen sollte.“ Frauen im Alter von 50 bis 69 haben nun alle zwei Jahre Anspruch auf eine kostenlose Mammographie. Hinter dem Programm stehen die Kassen und die kassenärztliche Vereinigung. Eine Mammographie („Mamma“ heißt auf Latein Brust, „Graphie“ auf Griechisch so viel wie Aufzeichnung) ist eine Röntgenaufnahme der Brust. Die wird dabei zwischen zwei Kunststoffplatten gelegt, kurz zusammengedrückt und durchleuchtet. Zwei Mediziner begutachten die entstandenen Bilder. Die Methode kann Veränderungen im Brustgewebe sichtbar machen – lange bevor ein Arzt sie ertasten könnte. Die seit mehr als 100 Jahren bekannten Röntgenstrahlen sind elektromagnetische Schwingungen. Sie werden künstlich erzeugt und dann auf den Körper gerichtet. Dort nimmt sie unterschiedlich dichtes Gewebe unterschiedlich stark auf. Das kann man festhalten: Wo die Strahlen nur sehr schwach resorbiert werden, den Körper also durchdringen, findet sich später auf dem Röntgenbild die dunkelste Tönung. So blickt man dank der Strahlen ins Innere eines Menschen.

WIE FUNKTIONIERT DIE NEUESTE METHODE, MIT DER MAN PROSTATAKREBS DIAGNOSTIZIEREN KANN?

Bei Prostatakrebs muss es zunächst einen Verdacht auf die Erkrankung geben, bevor die Radiologie bei der weiteren Diagnose helfen kann. Früher war eine rektale Tastuntersuchung die einzige Möglichkeit, herauszufinden, ob ein Prostatakarzinom vorliegt – frühe Tumore können damit aber kaum erkannt werden. Heute gibt es immerhin Tests auf das Prostata-spezifische Antigen (PSA). Findet man erhöhte Mengen dieses in der Prostata erzeugten Eiweißes im Blut, so kann das ein Hinweis auf einen Tumor sein. Anschließend werden die Patienten dann meist genauer mit Ultraschallgeräten untersucht; das geschieht ebenfalls rektal. Radiologen haben nun eine Methode entwickelt, die verlässlichere und bessere Bilder liefert als der Ultraschall. Sie basiert auf der Magnetresonanztomographie (MRT), auch Kernspintomografie genannt. Das Prinzip dieses Verfahrens ist kompliziert und wird immer weiter verfeinert. „Der Patient liegt auf dem Rücken, in einer Art Röhre“, erklärt Dirk Beyersdorff, Oberarzt am Institut für Radiologie der Charité. „Dort wird die Prostataregion gezielt dem Einfluss von Radiofrequenzwellen und einem starken Magnetfeld ausgesetzt.“ Darauf reagieren die Protonen in den Wasserstoffatomen der Prostata – und diese Reaktion kann man einfangen, unter anderem mit einem Antennengürtel, den der Patient tragen muss. Die Informationen werden digital verarbeitet und ergeben knapp 100 kontrastreiche Grautonbilder der Prostata – genauer: ihrer einzelnen Schichten. Ein erfahrener Arzt kann diese Bilder deuten. „Bei einem Tumor ist zum Beispiel eine Zone der Prostata dunkel“, sagt Beyersdorff. Gesundheitliche Risiken sind, anders als bei der Röntgenstrahlung, nicht bekannt. Problematisch ist nur, dass die Methode teuer ist – und dass Metallteile im Körper, etwa ein Innenohrimplantat, durch das Magnetfeld beschädigt werden. „Für Patienten mit Herzschrittmachern kommt die Methode deshalb nicht infrage. Das wäre zu gefährlich“, sagt Beyersdorff.

WELCHE ROLLE SPIELEN STRAHLEN IN DER KREBSBEHANDLUNG?

Bei einer „Strahlentherapie“ macht man sich die vernichtende Wirkung der Strahlen zunutze, um Tumorzellen abzutöten. Die Herausforderung besteht darin, die Krebszellen exakt und die gesunden Zellen so wenig wie möglich zu treffen. In den vergangenen Jahren sind nicht nur neue Techniken entwickelt und verfeinert worden, Tumore sehr präzise zu verorten, sondern auch, sie mit großer Genauigkeit anzugreifen. Eine der derzeit wichtigsten ist die „intensitätsmodulierte Strahlentherapie“ (IMRT). Sie ist sehr gut geeignet, wenn sich der Tumor neben einem strahlenempfindlichen Organ befindet, also zum Beispiel in der Nähe des Rückenmarks. „Das Bestrahlungsgerät dreht sich dabei um den Patienten“, erklärt Petra Feyer, Chefärztin am Vivantes-Klinikum Neukölln. „Ein solches Gerät erzeugt sehr energiereiche Röntgenstrahlung, die aus einer Entfernung von rund 60 bis 100 Zentimetern auf vorher berechnete und markierte Körperareale gerichtet wird.“ Durch die Strahlung wird der Reparaturmechanismus der Krebszellen geschädigt, die nach ein paar Tagen sterben. „Und selbst wenn gesunde Zellen getroffen wurden, erholen sie sich meist wieder“, sagt Feyer. „Ihre DNS kommt mit den Röntgenstrahlen besser zurecht.“ Eine Strahlentherapie findet über mehrere Wochen statt. Zwischen den einzelnen Bestrahlungen, die nur Minuten dauern, liegen meist 24 Stunden Pause.

WARUM HILFT DER FORTSCHRITT IN DER SCHLÜSSELLOCH-CHIRURGIE BEI DER TUMORBEKÄMPFUNG?

Seit dem Jahr 2000 wird an der Charité ein Verfahren entwickelt, bei dem der Arzt gezielt ins Innere des Körpers und bis in den Tumor vordringt – nötig sind dafür dank der modernen „Schlüssellochchirurgie“ nur winzigste Einstiche. Durch sie wird ein Katheter bis zum Tumor geschoben. Mit Hilfe eines Drahts führt der Arzt dann ein kleines Edelmetall ein, dessen Kern zerfällt. „Die Gammastrahlung, die dabei freigesetzt wird, schädigt das Erbgut in den Krebszellen irreparabel“, sagt Bernhard Gebauer, Oberarzt am Institut für Radiologie der Charité. „Die Zellen sterben langsam ab, obwohl man das Edelmetall nach zwei oder zweieinhalb Stunden wieder entfernt.“ Schon jetzt finden jährlich mehrere hundert Eingriffe dieser Art statt.

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