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Gesundheit: Pointierte Reden und fetzige Musik

Akademische Festakte haben es in sich.Oft werden sie von Studenten gestört, weil sie als überholte Rituale gelten.

Akademische Festakte haben es in sich.Oft werden sie von Studenten gestört, weil sie als überholte Rituale gelten.Oder sie sind so von schwergewichtigen Redebeiträgen begleitet, daß das Zuhören nach Stunden außerordentlich anstrengend wird.Die Freie Universität hat bei ihrem Festakt zum 50jährigen Jubiläum eine glückliche Hand gehabt.Die Studenten störten nicht, sondern hörten zusammen mit den Festgästen und Prominenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft aufmerksam zu.Und die Reden waren dem Anlaß angemessen, politisch zugespitzt, mit einem Schuß Erinnerung versehen und von Musikdarbietungen unterbrochen.Gleich zu Beginn, als die Bilder von der Eröffnungsfeier der Freien Universität am 4.Dezember 1948 im dunklen Titania-Palast an der Front des Auditoriums Maximum erschienen, zog eine Gruppe von vier Saxophonisten ein, die die Etappen der FU-Geschichte musikalisch untermalten.Für die Nachkriegszeit, als Fotos von den Gründungsrektoren Friedrich Meinecke und Edwin Redslob sowie des amerikanischen Hohen Kommissars John McCloy bei seinem FU-Besuch auf der Leinwand erschienen, erklang Glen Millers legendärer Schlager der Kriegs- und Nachkriegszeit "In the Mood".Und später, als in den fünfziger Jahren amerikanische Studenten ihren deutschen Kommilitonen das moderne Tanzen zeigten, als der Henry Ford Bau mit amerikanischen Geldern errichtet wurde, ertönte Bernsteins fetzige Musik aus der Westside Story.

Dem Festakt fehlte es nicht an bewegenden Momenten: Da wurden die beiden Gründerstudenten Stanislaw Kubicki mit der Matrikelnummer eins und Helmut Coper, der erste AStA-Vorsitzende von 1949 mit der Matrikelnummer zwei, stellvertretend für alle Gründerstudenten mit der Ehrenmedaille der Freien Universität ausgezeichnet.Beide sind Mediziner und haben später als Professoren ihr akademisches Leben an der Freien Universität verbracht.Um die begehrte Matrikelnummer eins hatten sie 1948 gewürfelt.

Der zweite bewegende Moment: nach lebensgefährlichem Unfall trat Präsident Johann Wilhelm Gerlach an das Podium, und er wurde mit dem warmem Beifall der Festgäste empfangen.Gerlach zeichnete zwei Persönlichkeiten, die sich um die FU verdient gemacht hatten, mit der Würde von Ehrensenatoren aus: Hubertus Moser, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Berliner Sparkasse, der sich in der Gesellschaft der Freunde und Förderer der FU, der Ernst-Reuter-Gesellschaft, für die Verbindungen zur Wirtschaft engagiert hat, und den ehemaligen italienischen Botschafter in Bonn, Umberto Vattani, der die deutsch-italienischen Beziehungen mit der Gründung eines Italienzentrums an der FU gekrönt hat.

Der dritte bewegende Moment war dem amerikanischen Botschafter John C.Kornblum zu verdanken, der das große Engagement der USA für die Freie Universität mit einer warmherzigen Rede, aber vor allem mit zwei Gesten unterstrich: Er überreiche ein Erinnerungsfoto an den Besuch des amerikanischen Präsidenten John F.Kennedy im Juni 1963 in der FU und er verlas ein Glückwunschtelegramm des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton zum Jubiläum.

Die Redner beließen es nicht bei der Beschwörung der großen Vergangenheit der FU in der Gründerzeit.Sie wiesen auf die Turbulenzen hin, die die Freie Universität im Zuge der Studentenrevolte nach 1968 zu bewältigen hatte und betonten, daß die FU von heute wieder einen anerkannten Platz in den Reihen der deutschen Universitäten wegen ihrer Leistungen in Forschung und Lehre errungen hat.Aus dem amerikanischen Engagement für die FU leiten alle die Verpflichtung ab, daß sich die FU der Pflege der internationalen Beziehungen durch ein Netzwerk von Kooperationen in Europa und mit Partnerschaften zu Universitäten in aller Welt zu widmen hat.Die Hinweise auf die leidigen Sparzwänge und die Gefährdung der 85 000 Studienplätze in Berlin klangen in diesem Zusammenhang als deutliche Mahnungen.Der Beifall der Zuhörer unterstrich die Dringlichkeit der Appelle.

Symbolisch für die Pflege der internationalen Beziehungen war nicht nur die Anwesenheit von Rektoren und Präsidenten von 45 Partneruniversitäten bei dem Festakt, sondern auch die erstmalige Verleihung von drei Ernst-Reuter-Stipendien an zwei Studenten aus Japan und einen aus den USA.Das Geld für die ersten 12 Stipendien, mit denen auch FU-Studenten an Partneruniversitäten im Ausland geschickt werden, reicht bereits.Die FU vertraut außer auf die Großzügigkeit von beutenden Spendern auch auf die Gewinne einer Tombola, die nach dem Festakt eröffnet wurde.

UWE SCHLICHT

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