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Gesundheit: Schlankheitskur für Bürokraten

Von George Turner, Wissenschaftssenator a.D.

Immer drastischere Sparmaßnahmen, Stellenstreichungen, Abbau von Lehrangeboten, Schließung ganzer Fachbereiche: Das gehört an deutschen Hochschulen seit langem zum Alltag.

Dabei kommt es trotz gegenteiliger Beteuerungen zu immer weiteren Einschnitten. Allmählich muss man sich um Bestand und Qualität der Ausbildung und die Basis für die wissenschaftliche Arbeit in manchen Fächern Sorgen machen. Zumal die Zahl der Studierenden steigt und die Politik sogar eine Erhöhung des Anteils der Hochschulzugangsberechtigten propagiert. Es ist an der Zeit, darüber nachzudenken, wo es noch Rationalisierungsreserven gibt, wie Effizienz gesteigert und Sparmaßnahmen besser aufgefangen werden können.

In vielen Abläufen scheint noch Luft zu sein. Prüfungen ziehen sich über Semester hin, Examensarbeiten werden monatelang nicht korrigiert, Professoren sind nur an wenigen Tagen in der Woche verfügbar. Das deutet auf fehlende Kontrolle und unangemessene Rücksicht hin. Der „faule Professor“ ist sicher die Ausnahme. Da es ihn aber gibt, müssen Verfehlungen auch geahndet werden. Dabei ist immer wieder eine falsche Kollegialität festzustellen. Allein wegen der Glaubwürdigkeit wünschte man sich hier mehr Transparenz und Durchsetzungsvermögen der Leitungen.

Sicher gibt es in den Bereichen der Hochschulen, die durch großzügige gesetzliche Regelungen Personen binden, erhebliches Potential beziehungsweise Ressourcen, die effektiver eingesetzt werden könnten. Das sind in erster Linie die gesetzlichen Bestimmungen, die zu einer aufgeblähten Gremienwirtschaft zwingen. Was gibt es da nicht alles an Räten, Ausschüssen, Kommissionen und Arbeitsgruppen! Sie sind größtenteils von den Parlamenten beschlossen und könnten im Gesetzgebungsverfahren zurückgenommen werden, ohne dass demokratische Rechte leiden würden.

Zu nennen sind auch die Vorschriften über die Personalvertretung. Selbst wenn weniger Beschäftigte von ihren Aufgaben freigestellt wären, könnte die Interessenvertretung wirkungsvoll sein. Daneben gibt es noch alle möglichen „Beauftragten“ – darunter die Frauenbeauftragten. Im Gesetz über die Neuregelung der Universitätsmedizin in Berlin gibt es Vorschriften nach denen bis zu 6,5 Stelleninhaberinnen allein als Frauenbeauftragte auf den verschiedenen Ebenen freigestellt werden können. Da ist jede Aussage der Politiker, an den Universitäten müsse gespart werden, nicht überzeugend. Alle reden darüber, dass für einen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland ein Bürokratieabbau in der Verwaltung stattfinden müsse – warum nicht auch an den Hochschulen?

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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