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Gesundheit: Schwache Stimmen

Warum wir keine Nationale Akademie brauchen Von Ulrich Herbert

Die mit der Forderung „Wir brauchen die Wucht einer Nationalen Akademie der Wissenschaften“ überschriebene Position Wolfgang Frühwalds vom 14. August im Tagesspiegel bringt das Argumentationsdilemma der Befürworter der „Deutschen Akademien der Wissenschaften (DAW)“ auf den Punkt: Will man für die Autorität einer neuen Institution Partei nehmen oder für die lose Pluralität der geplanten DAW?

Wucht und Autorität sind die Stichworte, die von Wolfgang Frühwald für eine Nationale Akademie in Anschlag gebracht werden. Anders – das weiß er natürlich – ist eine neue Institution, die viel Geld kosten wird, auch gar nicht zu begründen. Kritisiert man indes – wie ich es in dieser Zeitung getan habe – diesen Anspruch als zentralistisch, dann wird einem der plurale Charakter der unter dem Dach der DAW versammelten Institutionen entgegengehalten. Eine Argumentation, die je nach Bedarf entweder Autorität oder Pluralität betont, kann nicht überzeugen.

Es besteht eine Ambivalenz, die auch Gert Wagners abwägender Standpunkt (Tagesspiegel vom 22. August) nicht auflösen kann. Von dieser Ambivalenz ist das ganze DAW-Konzept durchzogen, sie wird vor allem dort evident, wo es um die Wahrnehmung der internationalen Vertretung geht. Während Frühwald dazu die „Wucht“ des amerikanischen National Research Council erhofft, sieht das Konzept der Akademie-Anhänger eine selbstständig international agierende DAW gar nicht vor, sondern nur im Auftrag der DAW handelnde Institutionen.

Mit einer solchen Unentschiedenheit kann man keine neue Institution begründen. Wenn es die DAW bei der Politikberatung und bei der internationalen Vertretung auf Wucht und Autorität anlegen, dann kann man sowohl über ihren Nutzen als auch über ihre Machbarkeit streiten. Ich halte in diesem Falle meine dagegen vorgetragenen prinzipiellen Einwände weiterhin für stichhaltig. Außerdem sollte jeder, der diese Autorität fordert, darlegen, ob und wie sie gegen die Interessen und Aufgaben der deutschen Wissenschaftsorganisationen durchgesetzt werden sollte.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, so hat es ihr Generalsekretär signalisiert, werde auch künftig ihre Interessen im Ausland selbst vertreten. Für die Helmholtz-Gemeinschaft oder die Max-Planck-Gesellschaft dürfte Gleiches gelten. Den DAW bliebe nur die Rolle, den mehr oder weniger harmonischen Chor der Wissenschaftsorganisationen um weitere Stimmen zu erweitern: Dazu benötigen wir sie nicht. Frühwalds Argumentation hat Klarheit in die Auseinandersetzung gebracht. Sein Plädoyer für eine starke Nationale Akademie ist zugleich eines gegen das Modell der DAW.

Der Autor ist Historiker an der Universität Freiburg.

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