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Gesundheit: Senatsressorts: Vorrang für die Hochschulen

Die Wirtschaft drängt die Berliner Politiker, endlich den Hochschulen und Forschungsinstituten in der Stadt mehr Gewicht beizumessen und sie nicht hinter Kultur und Schulen nachrangig zu behandeln. Das wurde auf einer Podiumsdiskussion im Haus der Wirtschaft deutlich.

Die Wirtschaft drängt die Berliner Politiker, endlich den Hochschulen und Forschungsinstituten in der Stadt mehr Gewicht beizumessen und sie nicht hinter Kultur und Schulen nachrangig zu behandeln. Das wurde auf einer Podiumsdiskussion im Haus der Wirtschaft deutlich.

"Kultur und Wissenschaft in einem Senatsressort überfordern die Person an der Spitze", sagte Norbert Bensel, Vorstandschef der DaimlerChrysler Services (debis). "Um die Wissenschaft als entscheidenden Standortfaktor für die Wirtschaft voranzubringen, braucht sie ein eigenständiges Ressort." Die Wissenschaft müsse auch deswegen aufgewertet werden, "weil das Beispiel der Ansiedlung des neuen BMW-Werkes in Leipzig gezeigt hat, dass der Ausbildungsstand der Menschen in einer Region und die Nähe zu leistungsfähigen Hochschulen und Forschungsinstituten für Standortentscheidungen immer wichtiger werden."

Peter Schuster, bildungspolitischer Sprecher der SPD, hält eine Neuaufteilung der Senatsressorts für unrealistisch: "Die Verfassung legt acht Senatoren fest. An eine Verfassungsänderung nach der Wahl ist überhaupt nicht zu denken."

In der Regierungserklärung von SPD-Chef Klaus Wowereit kommen die Hochschulen zu kurz, dort wird nur für die Schulen Priorität verkündet, kritisierte der Moderator, Tagesspiegel-Redakteur Uwe Schlicht. "Diese Regierungserklärung gilt nur für eine kurze Übergangszeit", wiegelte Schuster ab. "Unser langfristiges Ziel ist es, die Zahl der Studienplätze in Berlin wieder über 85 000 zu erhöhen. In der nächsten Legislaturperiode wird das aber kaum zu schaffen sein." Zu schwer laste die Bankenkrise auf den Berliner Finanzen.

Peter Schuster warnte davor, Berlin mit Bayern und Baden-Württemberg zu vergleichen, Ländern, die Zukunftsfonds aufgelegt haben, die mit mehreren Milliarden Mark ausgestatt sind. Norbert Bensel von debis hielt dagegen: "Die Berliner Forscher befinden sich mit Bayern und Baden-Württemberg im Wettbewerb, ob wir es wollen oder nicht." Zumindest müsse man den Hochschulen mehr finanziellen Bewegungsspielraum geben. Es sei an der Zeit, den Hochschulen endlich die betriebsbedingte Kündigung ihrer Mitarbeiter zu ermöglichen. "Das heißt noch lange nicht, dass die Leute auf die Straße fliegen", begründete er. "Aber die Hochschulen müssen in die Lage versetzt werden, mit Änderungskündigungen und flexibleren Möglichkeiten zur Umsetzung ihrer Mitarbeiter auf die neuen Entwicklungen zu reagieren." Peter Schuster von der SPD lehnte das ab.

Benjamin Hoff von der PDS wies ebenfalls auf die dramatische Haushaltslage hin: "Es geht doch darum, die 85 000 Studienplätze in Berlin überhaupt erst einmal zu sichern", forderte er. "Forschung und Wissenschaft müssen als regionale Innovationsstrategie begriffen werden." Die PDS favorisiert die Fusion der Wissenschaft mit Schule und Bildung.

Monika Grütters von der CDU sieht die Wissenschaft eher zusammen mit der Wirtschaftsverwaltung. Ähnlich äußerte sich der Vertreter der FDP, Tim Stuchtey. Auch die CDU will die Zahl der Studienplätze langfristig wieder steigern - "auf 100 000". Dies soll vor allem durch kürzere Studienzeiten und die Verlagerung von Studienplätzen aus den Universitäten an die Fachhochschulen geschehen.

"Kostenneutral ist das nicht zu machen", widersprach Helmut Schmidt, Präsident der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik. "Schon jetzt erhalten die Berliner Fachhochschulen nur noch drei Prozent der Landesinvestitionen in den Hochschulbau." Zwischen 2001 und 2004 sind rund 2,2 Milliarden Mark geplant, auf die Fachhochschulen entfallen davon knapp 69 Millionen Mark. Diese Relation bezeichnete er als eine Fehlentwicklung.

Helmut Schmidt sprach sich vehement für eine Senatsverwaltung aus, die Wirtschaft mit Technologie und Wissenschaft verbindet: "Neue Arbeitsplätze entstehen vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen, da spielen die Hochschulen als Partner eine wichtige Rolle. Das muss weiter belebt werden." Gerhard Ackermann, Präsident der Technischen Fachhochschule favorisierte ebenfalls diese Lösung: "Die Wissenschaft steht am Anfang eines jeden neuen Arbeitsplatzes in dieser Stadt. Dieser Zusammenhang wird in der Politik noch viel zu wenig berücksichtigt."

Einen weiteren Schwerpunkt der Diskussion bildete die für das Jahr 2002 geplante große Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes. Jürgen Mlynek, der Präsident der Humboldt-Universität, warnte die Politiker davor, bei der Novellierung den gerade durch die Experimentierklausel erreichten Spielraum für Reformen wieder einzuschränken. Die meisten Hochschulen hätten sehr gute Erfahrungen mit dem geltenden Reformparagraphen gemacht, "da darf es keinen Rückschritt geben."

Heiko Schwarzburger

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