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Gesundheit: Spion im Weltall

Das Teleskop „Hubble“ hat 14 Jahre lang die Geheimnisse des Kosmos enthüllt – nun naht sein Ende

Von Rainer Kayser, dpa

Im Januar musste Nasa-Chef Sean O´Keefe eine unpopuläre Entscheidung fällen: Aufgrund der Sicherheitsrisiken für die US-Raumfähren gebe es künftig keine Service-Missionen mehr zum Weltraumteleskop „Hubble“. Damit hatte die Nasa – unter weltweitem Protest der Astronomen – das Ende ihres erfolgreichsten Teleskops eingeläutet.

Es ist seit 14 Jahren in Betrieb. Zwar mussten die Forscher unmittelbar nach dem Start von „Hubble“ entsetzt feststellen, dass ein Fehler bei der Herstellung des Spiegels zu gravierenden Bildverzerrungen führte. Doch die Installation einer Zusatzlinse durch Astronauten beseitigte 1993 „Hubbles“ Sehfehler. Seither reißen sich die Astronomen in aller Welt darum, das Auge im All auf ferne Sterne und Galaxien zu richten.

Doch das Teleskop wird nicht mehr lange einsatztauglich sein. Von den sechs Kreiseln zur Stabilisierung des Satelliten arbeiten nur noch vier. Fallen weitere Kreisel aus, könnte das Fernrohr demnächst orientierungslos durchs All torkeln. Bei der nächsten Service-Mission sollten Astronauten die defekten Gyroskope daher austauschen und zugleich neue Detektoren ins Teleskop einbauen.

Seit der Katastrophe der Raumfähre „Columbia“ aber ist der Nasa ein Flug zu „Hubble“ zu riskant. Das Teleskop bewegt sich auf einer Bahn weitab der Internationalen Raumstation. Bei Problemen mit der Raumfähre wäre die ISS für die Astronauten unerreichbar, auch eine Kontrolle des empfindlichen Hitzeschilds mit den Kameras der Raumstation wäre nicht möglich.

Seit Ende April berät ein 20-köpfiges Experten-Komitee über mögliche Maßnahmen. Von einem für die Gyroskope weniger belastenden Beobachtungsplan ist etwa die Rede oder einer Robotermission zum Austausch der Kreisel. Noch dürfen die Astronomen also auf die Rettung jenes Teleskops hoffen, mit dem sie im vergangenen Jahrzehnt ihre bedeutendsten Entdeckungen gemacht haben.

Die ersten Galaxien: „Hubble“ ist eine kosmische Zeitmaschine. Ein Blick in die Tiefen des Alls ist zugleich auch immer ein Blick in die Vergangenheit des Kosmos. Das heute bei uns eintreffende Licht einer zehn Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxie wurde vor zehn Milliarden Jahren abgestrahlt. Wir sehen die Galaxie also auch so, wie sie vor zehn Milliarden Jahren aussah.

Mit seinem 2,4 Meter großen Spiegel hat das Weltraumteleskop den bislang tiefsten Blick in den Kosmos geworfen. Es hat Bilder von Galaxien geliefert, die nur 300 Millionen Jahre nach dem Urknall vor kanpp 14 Milliarden Jahren entstanden sind. Die Sterne dieser Galaxien waren die ersten Objekte, die das abgekühlte, dunkle Universum erleuchteten. Die schwächste auf den Fotos noch erkennbare Galaxie leuchtet nicht stärker als ein Glühwürmchen auf dem Mond.

Der expandierende Kosmos: Vor 80 Jahren stießen Astronomen auf die zunächst befremdliche Erkenntnis, dass sich nahezu alle Galaxien von uns weg zu bewegen scheinen. Rasch war den Forschern klar, dass wir keineswegs im Zentrum des Kosmos sitzen. Vielmehr dehnt der Raum selbst sich aus: Er expandiert, seit das All vor 14 Milliarden Jahren entstanden ist.

1998 konnten zwei Forscherteams unabhängig voneinander zeigen, dass sich diese Expansion sogar beschleunigt. Der Kosmos fliegt nicht nur auseinander, er tut dies auch immer schneller. Das ergab sich aus extrem genauen Messungen der Helligkeit weit entfernter explodierender Sterne, der „Supernovae“.

Welche geheimnisvolle Kraft für die Beschleunigung sorgt, ist bislang unbekannt. Würde diese „dunkle Energie“ mit der Zeit anwachsen, so könnte dies zu einem „Big Rip“, einer rasanten Beschleunigung der Expansion führen, an deren Ende alle Strukturen im Kosmos regelrecht zerfetzt würden.

Schwarze Löcher überall: Mit „Hubble“ warfen Astronomen erstmals auch einen Blick ins Zentrum ferner Galaxien. Schon lange hatten sie vermutet, dass „Schwarze Löcher“ für verschiedene Phänomene im Zentrum von Galaxien ursächlich sein könnten. Die Schwerkraft-Monster saugen Materie aus der Umgebung an, die sich bei ihrem Einfall in das Schwarze Loch aufheizt und so zu der erhöhten Strahlung führt. Astronomen gehen heute davon aus, dass sich im Zentrum fast jeder Galaxie, auch unserer Milchstraße, ein großes Schwarzes Loch verbirgt.

Auch bei den rätselhaften „Quasaren“ handelt es sich um massive Schwarze Löcher in fernen Galaxien, wie die „Hubble“-Aufnahmen zeigten. Zuvor konnten die Astronomen die oft Milliarden Lichtjahre entfernten Objekte nur als punktförmige „Quasi-Sterne“ (Quasare) sehen.

Geburt von Sternen und Planeten: In großen Gaswolken wie dem Orion-Nebel entstehen Sterne, wenn das Gas sich unter der gewaltigen Kraft seiner eigenen Anziehungskraft zusammenzieht. Im Zentrum der kollabierenden Gaswolken erreichen Dichte und Temperatur schließlich so hohe Werte, dass es dort beim Zusammenstoß von Atomkernen zur Kernfusion kommt: Große Energiemengen werden erzeugt, ein Stern entsteht. Um den sich drehenden jungen Stern bildet sich eine Scheibe aus Gas und Staub. Mit „Hubble“ beobachteten Forscher erstmals solche Gas- und Staubscheiben und warfen so einen Blick in die Frühzeit von Planetensystemen. Auch die Planeten in unserem Sonnensystem sind vor 4,5 Milliarden Jahren aus Verdichtungen in einem um die Sonne rotierenden Urnebel entstanden.

Mit dem Weltraumteleskop gelang es zudem, Staubscheiben um Sterne aufzunehmen, die ihre Jugend längst hinter sich haben. Dass es dort heute noch Staub gibt, deutet darauf hin, dass diese Sterne wie unsere Sonne von Asteroiden und Kometen umkreist werden. Vermutlich also verläuft die Entstehung von Planetensystemen in der Umgebung anderer Sterne ganz ähnlich wie in unserem eigenen Sonnensystem.

Mit dem amerikanischen Weltraumteleskop „Hubble“ haben Astronomen im vergangenen Jahrzehnt viele spektakuläre Bilder und eine Fülle von Entdeckungen gemacht:

Inmitten des „roten Rechtecks“ sitzt ein sterbender Stern. Von diesem Stern aus strömt Gas in entgegengesetzte Richtungen nach außen.

Ins Blickfeld von „Hubble“ geriet auch diese Galaxienkollision . Die beiden Sternsysteme NGC 2207 und IC 2163 verschmelzen zu einer neuen Welteninsel.

Die vielen jungen Sterne im Sternhaufen der Plejaden senden Licht aus, das von dem umgebenden Gas reflektiert wird und diesen malerischen Nebel erzeugt.

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