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Gesundheit: Tapfere Schneiderlein

Was lange rollt, wird endlich rund – der Weg zu einer ausgefeilten Balltechnik

Ein Fußball hat einiges auszuhalten. Im Spiel wird er an die 2000 Mal getreten. Bei jedem Schuss verformt er sich, kehrt aber, elastisch wie er ist, schnell in seine ursprüngliche Form zurück, wobei er die aufgenommene Energie in Bewegungsenergie umwandelt, kurz: er fliegt.

INNEN GUMMI

Für die Elastizität sorgt eine Blase im Innern. In Europa benutzte man zunächst Schweinsblasen. Luftdichte Gummiblasen verdanken wir dem Amerikaner Charles Goodyear, der Mitte des 19. Jahrhunderts Kautschuk vulkanisierte und Hartgummi herstellte. Wie aber sollte die Luft in den Ball hinein, ohne dessen Kugelform zu beeinträchtigen?

AUßEN GESCHNÜRT

Jede Öffnung stört die Symmetrie. Bei dem in Leder gehüllten Ball probierte man es mit einem Einfüllschlauch. Dazu musste das Leder aufgeschnitten, der Schlitz zusammengeschnürt werden. Zur Erleichterung gab es für geschnürte Bälle als Operationsbesteck Löffel oder Gabel. Bei Kopfbällen bewährte sich die harte Schnürung nicht. Als weniger schmerzhaft erwies sich das versenkte Ventil. Selbst das stellt aber wegen seines Gewichts eine Unwucht dar. Beim WM-Ball 2006 wird sie durch ein winziges Gegengewicht auf der anderen Seite ausgeglichen, wie beim Auswuchten von Reifen. So soll der Ball gleichmäßiger fliegen.

VARIABLE SCHNITTMUSTER

Er ist runder als bisherige WM-Bälle. Sein extravagantes Schnittmuster weist weniger Nähte auf und ist nur noch aus 14 Teilstücken zusammengesetzt: sechs „Propellern“ und acht „Turbinen“. Das macht statt vier Metern Naht nur 3,4 Meter. Der klassische WM-Ball besteht aus 12 Fünf- und 20 Sechsecken. Ein solches „abgestumpftes Ikosaeder“ sei zwar nicht der rundeste archimedische Körper. „Es ist aber unter den relativ runden derjenige Körper mit den wenigsten Flächen und wenigsten Kanten“, sagt der Mathematiker Wolfgang Ebeling von der Uni Hannover. Zur Fertigung eines solchen Balls sind an die 1000 Schlaufennähte oder Doppelstiche vonnöten. Die Handarbeit lassen Nike oder Adidas in Pakistan für wenig Geld erledigen. Der Ball wird verkehrt herum genäht und erst vor der letzten Naht auf rechts gedreht. Den schwierigen Abschluss bildet eine Brückennaht, die sich selbst zusammenzieht.

GEKLEBT STATT GENÄHT

Auch bei größter Sorgfalt entstehen an den Nähten Wölbungen, besonders da, wo drei Teilstücke aneinander stoßen. Statt der 60 Ecken gibt es beim WM-Ball 2006 nur 24 solche Stellen. Die 14 Segmente werden auch nicht mehr genäht, sondern mit einer Thermo-Klebtechnik zusammenschweißt. Das macht die Oberfläche glatter. Sie besteht längst nicht mehr aus Leder. Moderne Bälle sind sandwichartig aus vielen Materialschichten zusammengesetzt. Über der Gummiblase liegt ein zugfester Textilstoff. Er soll verhindern, dass der Ball zu stark aufgepumpt wird. Darüber gibt es Schaum- und Kunststoffschichten etwa aus Polyurethan, die ihn sprungkräftiger machen und bei Regen wenig Wasser aufnehmen sollen. Die FIFA schreibt neben den Maßen präzise vor, welche Tests ein Ball durchlaufen muss. Dieses Vorspiel dauert garantiert länger als 90 Minuten. tdp

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