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Gesundheit: Tiefe Gräben, harte Worte

An der FU streiten sich die Jusos und der RCDS mit dem AStAVON INGO BACHKündigt sich ein Machtwechsel im Studentenparlament der Freien Universität an? Zumindest ist es erstmals seit langem völlig offen, ob nach den Wahlen zum Studentenparlament (StuPa) am 14.

An der FU streiten sich die Jusos und der RCDS mit dem AStAVON INGO BACH

Kündigt sich ein Machtwechsel im Studentenparlament der Freien Universität an? Zumindest ist es erstmals seit langem völlig offen, ob nach den Wahlen zum Studentenparlament (StuPa) am 14./15.Januar der AStA weiterhin nur von linken Studentengruppen getragen wird.Für Carl Wechselberg jedenfalls, Sozialreferent beim jetzigen AStA, handelt es sich um eine Schicksalswahl.Er meint: "Die Fortsetzung unserer linken Politik steht auf dem Spiel, ebenso wie die erfolgreiche Bündnispolitik mit anderen von den Sparplänen des Senats betroffenen Gruppen in Berlin." Diese Gefahr für den AStA resultiere vor allem aus der Verbindung von Jusos und RCDS, die, um den AStA zu übernehmen, "faktisch eine große Koalition eingegangen" seien.

In der Tat spricht einiges für eine solche Annäherung.Für die diesjährigen Wahlen der studentischen Mitglieder im Kuratorium der FU gingen Jusos und RCDS mit anderen Gruppierungen eine Listenverbindung ein - "aus rein taktischen Gründen", wie Raphael Heinrich vom Vorstand der FU-Jusos betont, "damit nicht beide studentischen Kuratoriumssitze an die AStA-Gruppen gehen." Über eine mögliche Zusammenarbeit im StuPa äußert sich der Vorsitzende der FU-Jusos, Volker Herholt, zurückhaltend: "Unser Hauptziel ist die Ablösung des derzeitigen AStA.Eine Zusammenarbeit mit dem RCDS ist völlig offen, allerdings auch nicht ausgeschlossen." Für Friederike Galland, RCDS-Vorsitzende an der FU, gäbe es keine grundsätzlichen Probleme: "Sollte von unserer Verbindung die Ablösung des jetzigen AStA abhängen, kann ich mir kein Problem denken, an dem das scheitern würde."

Der Wahlkampf wird außergewöhnlich heftig geführt.In Flugblättern berichten die Jusos von Geldverschwendungen im AStA, der darauf wiederum mit Flugblättern unter der Überschrift "Jusos lügen wie gedruckt!" reagiert.Von "Hetzpropaganda aus der Skandalfabrik der Jusos" spricht der AStA, während die Jusos denselben "in der Scheiße" vermuten.Von einer "Schlammschlacht auf Mensatischen" ist die Rede.

Hauptkritikpunkt ist dabei der Umgang des AStA mit den studentischen Beiträgen zur Selbstverwaltung - jährlich immerhin rund 1,3 Million Mark."Wir gehen schon seit einer Ewigkeit wie Sisyphus gegen die Verschwendung der Gelder im AStA an", klagt die RCDS-Vorsitzende Galland.Jetzt schlossen sich die Jusos den Vorwürfen an, weil "wir endlich mit der Sorglosigkeit im Umgang mit studentischen Geldern aufräumen wollten", sagt Olde Hansen von deren Vorstand.So seien im Haushalt für 1997/98 45.000 Mark für Fernsprechgebühren vorgesehen, "also 178,60 DM zum Telefonieren und Faxen pro Arbeitstag".Weitere 30.000 Mark sind für Büromaterialien veranschlagt.Diese würden wohl für "goldene Büroklammern" gebraucht, vermuten die Jusos.

Der AStA weist die Beschuldigungen weit von sich."Der Haushaltsansatz für 1997 ist ähnlich den vorherigen und beruht auf den Erfahrungswerten der letzten Jahre", sagt Sozialreferent Wechselberg.Mit dem Geld würden die 12 Referate des AStA finanziert, dazu die Beratungssysteme, wie die Bafög-Beratung und der Unterhalt der AStA-Druckerei."Wir sind allgemeinpolitisch in Berlin stark engagiert, etwa im Bündnis gegen Sozialkürzungen und Ausgrenzung - das alles kostet Geld." Carl Wechselberg verweist darauf, daß der Haushalt jährlich von unabhängigen Wirtschaftsprüfern überprüft werde - ohne Beanstandungen.

Ein weiterer Kritikpunkt der Jusos sind die Bürgschaften des AStA zur Absicherung von kurzfristigen Krediten (maximal 1200 DM), die das Studentenwerk bedürftigen Studenten in Krisensituationen gewährt.Hier habe der AStA eine Kürzung beschlossen."Man kann doch nicht Gelder bei den Ärmsten der Armen sparen", sagt Juso Raphael Heinrich.Carl Wechselberg dazu: "Diese Bürgschaften werden vom Studentenwerk immer dann in Anspruch genommen, wenn der betreffende Student den Kredit nicht zurückzahlen kann.Das geschah in letzter Zeit immer häufiger - wir mußten ständig mehr Geld dafür aufwenden." Nun habe man sich zusammen mit dem Studentenwerk auf ein neues Prozedere der Kreditvergabe geeinigt, das das Risiko für die ASten etwas reduzieren soll, erklärt Wechselberg.Das Studentenwerk prüfe nun vorher, ob der Betroffene fähig ist, das Geld zurückzuzahlen."Um eine Kürzung ging es nie", sagt Wechselberg, "sondern um den Versuch, die Zahlungen nicht ausufern zu lassen."

Inzwischen haben die Auseinandersetzungen eine neue Qualität erreicht, und es droht eine Verlagerung des Wahlkampfes von den Mensatischen in die Gerichte."Diesen Stil der Jusos nehmen wir nicht hin", sagt Carl Wechselberg."Wir behalten uns rechtliche Schritte vor." Dabei geht es vor allem um die Anwürfe der Jusos gegen die studentischen Bafög-Berater, die durch "schlechte Qualität und Unfreundlichkeit" auffallen und für die reinen Beratungsstunden einen Stundenlohn von knapp 52 Mark kassieren würden."An diesen Vorwürfen stimmt nicht ein einziges Wort", empört sich Wechselberg.Die Berater würden wie normale Tutoren bezahlt, mit 18,75 Mark pro Stunde."Sie arbeiten doch nicht nur zu den Öffnungszeiten.Und über die Qualität ihrer Arbeit hat sich bei uns niemand beschwert." Auch die Bafög-Berater selbst setzen sich zur Wehr und haben eine förmliche Klageandrohung auf Unterlassung an die Jusos gerichtet.

Alles in allem sind die Gräben zwischen den Studentenvertretern an der FU tief.Und ob es nach den Wahlen im Januar dem wie auch immer zusammengesetzten AStA gelingen wird, diese zu überbrücken, um gemeinsam mit allen Studenten gegen weitere Einschnitte in die Universitätshaushalte zu protestieren, bleibt fraglich.

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