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Translationale Forschung: Vom Molekül zur Therapie

Es ist ein Webfehler im Erbgut, der den Herzmuskel erkranken lässt. Vorwiegend in der Muskulatur der rechten Herzkammer lagern sich Fett und Bindegewebe ab.

Es ist ein Webfehler im Erbgut, der den Herzmuskel erkranken lässt. Vorwiegend in der Muskulatur der rechten Herzkammer lagern sich Fett und Bindegewebe ab. Der Muskel wird geschwächt, lebensgefährliche Rhythmusstörungen wie das Kammerflimmern und der plötzliche Herztod drohen. All das ist die Folge eines Defekts in der Bauanleitung für das Eiweißmolekül DSC2.

Das DSC2 gehört zu mikroskopisch kleinen „Druckknöpfen“, den Desmosomen. Sie binden die Herzmuskelzellen aneinander und verhindern, dass die Zellen bei der enormen Belastung des Muskels – das Herz schlägt 100000 Mal am Tag – auseinanderreißen. Bei Menschen mit defektem DSC2-Gen funktionieren die Desmosomen nicht so gut, weshalb das Herz nicht richtig arbeitet.

Vom „kranken“ Molekül zum kranken Herzen: Das Beispiel zeigt, welche Spannbreite die medizinische Forschung besitzt. Untersucht werden der genetische Defekt und seine Folgen von Ludwig Thierfelder, Mediziner an der Franz-Volhard-Klinik und am Max-Delbrück-Centrum. Wie etliche seiner Kollegen in Buch setzt Thierfelder auf das geplante „Experimental and Clinical Research Center“ (ECRC, „Experimentelles und klinisches Forschungszentrum“). Es soll eine Plattform sein, auf der sich Wissenschaftler und Ärzte treffen, um gemeinsam Krankheiten zu erforschen und Behandlungen zu erarbeiten.

„Translationale Forschung“ lautet der Fachbegriff für diese neue Entwicklung. Es geht um Strategien, mit deren Hilfe der „intellektuelle Reichtum der biomedizinischen Forschung“ in „praktischen Reichtum für die Menschheit“ umgesetzt werden kann, wie das Fachblatt „Nature“ schreibt. Theoretische Forschung soll besser in praktische Medizin übersetzt werden, aus Wissen soll Heilung werden. Denn trotz des enormen Wissenszuwachses in der Grundlagenforschung haben Patienten bisher vergleichsweise wenig profitiert. Die USA fördern den Aufbau solcher Zentren mit mehreren hundert Millionen Dollar. In Deutschland könnte das ECRC zu einem Vorreiter werden.

Um das Zentrum gruppieren sich die Bucher Forschungseinrichtungen. Das ECRC hat zwei Teile: Einen experimentellen Bereich mit Labors und zwei leistungsstarken Magnetresonanz-Tomografen (MRT), die detaillierte Aufnahmen aus dem Inneren von Menschen und Tieren ermöglichen. Während die MRT-Geräte im Dezember in Betrieb gehen sollen, rechnen die Forscher für das Experimentalzentrum mit 2011. Ein zweiter Teil für die Forschung am Patienten soll ab 2010 am Neubau des Helios-Klinikums entstehen. Die Kosten belaufen sich auf 45 Millionen Euro, die sich Charité (15 Millionen) und MDC (30 Millionen) teilen. Das Jahresbudget soll 6,8 Millionen Euro (MDC) und fünf Millionen Euro (Charité) betragen. Die Forscher befürchten nun, das ECRC könnte in den Strudel der Ermittlungen um Helios und Charité geraten. Ein Rückzug der Charité aus Buch hätte aus ihrer Sicht katastrophale Folgen – ohne die klinische Medizin würde das ECRC kaum Sinn machen.

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