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Gesundheit: Tratschende Studenten müssen hinterher in den Copy-Shop

Auch in diesem Semester schleichen sich Campus-Reporter wieder in Vorlesungen, um schonungslos Kritik zu üben oder überschwänglich zu loben.Können Sie sich schlecht Telefonnummern merken?

Auch in diesem Semester schleichen sich Campus-Reporter wieder in Vorlesungen, um schonungslos Kritik zu üben oder überschwänglich zu loben.

Können Sie sich schlecht Telefonnummern merken? Vergessen Sie Vorträge schneller, als der Vortragende spricht? Dann geht es Ihnen wie dem Campus-Reporter. Darum auf in die Gedächtnispsychologie-Vorlesung an der Humboldt-Universität. Erste Erkenntnis: Uni-Professoren scheinen vor solchen Demenz-Attacken nicht gefeit zu sein. Denn auch Dozentin van der Meer spricht hauptsächlich über Telefonnummern und entgangene Vorträge, um ihren Studenten die Probleme "basaler Gedächtnisprozesse" näherzubringen. Das ist die Psychologen-Fachsprache für das Aufnehmen, Speichern und Abrufen von Informationen. Von diesen Terminologie-Feinheiten abgesehen, könnte die Vorlesung lebensnah sein, da Frau van der Meer Tipps für Vergessliche verspricht. Ist sie aber nicht. Das Speichern von Informationen scheitert laut der Psychologie-Professorin vor allem an Interferenzen. Das sind wechselseitige, störende Hemmungen zwischen Sachverhalten. Im Vorlesesaal machen Interferenzen zwischen Akustik und Desinteresse der Studenten einerseits und den Ausführungen Frau van der Meers andererseits die Aufnahme des Lernstoffes unmöglich. Husten, Niesen, Papierrascheln, fallende Becher und ständiges Wispern zerstören die Konzentration. Jedes Hintern-Rutschen übertönt spielend die rhetorischen Kniffe der Dozentin (überdeutliches Sprechen mit Mikrofon, ausladene Gestik), und die hundert Studenten rutschen ständig auf ihren unbequemen Bänken hin und her. Zwei Studentinnen interessieren sich lautstark für das Speichern des neuesten Klatsches. Nach Auskünften über Szene-Treffs ("Ins Cosmic geht Daniel auch immer"), neueste Fachliteratur ("Das Vorwort habe ich gelesen." - "Und, wie isses?" - "Na, langweilig halt.") und Männer ("Den musst Du Dir unbedingt mal ansehen") gibt der Campus-Reporter auf und wendet sich der Zeitschrift der Vorderfrau zu. Auch der Artikel "Zum Glück gibt es Copy-Shops" hilft im Uni-Alltag weiter, wenn es mit dem Gedächtnis nicht klappen will. "Vergessen kann auch nützlich sein", tröstet Frau van der Meer am Ende der Vorlesung.Mehr zur Gedächtnispsychologie dienstags, 12 Uhr, Oranienburger Straße 18, Hörsaal B103.

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