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Gesundheit: Umwelt und Energie: Der Energiehunger der Welt wächst immens

Was war das für ein ungewohntes Bild, damals im Jahr 1973. Auf Straßen oder Autobahnen waren keine Motorfahrzeuge zu sehen.

Was war das für ein ungewohntes Bild, damals im Jahr 1973. Auf Straßen oder Autobahnen waren keine Motorfahrzeuge zu sehen. Spaziergänger und Radfahrer nahmen Wege in Beschlag, auf denen sonst dichter Verkehr brauste. Doch in die Freude über die Eroberung des ansonsten vom motorisierten Verkehr beherrschten Terrains mischte sich die Furcht vor dem Versiegen eines Energieträgers, der unbegrenzt schien.

Glücklicherweise kam es nicht so schlimm wie befürchtet. Die OPEC-Staaten, die den Ölhahn zurückgedreht hatten, öffneten ihn wieder. Die Autos fuhren wie gewohnt, ihre Zahl nahm bis heute dramatisch zu. Ebenso wuchsen die Ansprüche an komfortable Energie- und Wärmeversorgung.

Und doch hat sich seit der Ölkrise etwas grundlegend geändert. Es ist nicht mehr zu verdrängen, dass die in Jahrmillionen entstandenen Vorräte an Öl, Gas und Kohle unweigerlich zu Ende gehen. Wann es soweit sein wird, ist nicht genau vorherzusagen. Jedenfalls sind die verfügbaren Ölvorräte in den letzten 30 Jahren um 80 Prozent gestiegen, obwohl der Verbrauch ständig zugenommen hat. Die bestätigten Gasreserven haben sich im gleichen Zeitraum sogar nahezu vervierfacht. Die weitere Entwicklung wird in erster Linie vom Preis, aber auch von energiesparenden Maßnahmen, gesetzlichen Vorschriften sowie den Komfortansprüchen der Nutzer beeinflusst.

Nach der so genannten statistischen Reichweite, hält das Erdöl noch etwa 43 Jahre. Die statistische Reichweite bezeichnet das Verhältnis der bekannten Reserven zur gegenwärtigen Fördermenge. Der Kohlevorrat würde noch rund 180 Jahre reichen. Allerdings gehen Experten davon aus, dass in heute unbekannten Feldern noch Ölvorräte für 260 Jahre und Gasreserven für mehr als 90 Jahre lagern.

Die insgesamt auf der Erde entstandeneMenge an Rohöl schätzt der Geologe Karl Hiller von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) auf 350 Milliarden Tonnen. Ein Drittel dieses Vorrats ist bereits gefördert, 43 Prozent sind sichere bis wahrscheinliche Reserven und 23 Prozent zwar bekannte, jedoch schwer zu fördernde Vorkommen. Dabei sind Ölsände oder -schiefer nicht berücksichtigt, deren Abbau sich erst in Ausnahmefällen lohnt.

Sorgen macht jedoch der zunehmende Energiebedarf. Weltweit hat sich der Verbrauch von 5,1 Milliarden Tonnen Steinkohle-Einheiten im Jahre 1960 auf rund 13,7 Milliarden Tonnen im Jahre 2000 fast verdreifacht. Dies liegt an der rasanten Zunahme der Bevölkerung, am Wachstum der Wirtschaft und der Aufholjagd von Entwicklungs- und Schwellenländern.

Während also der langfristige Verbrauch fossiler Energieträger weitgehend im Dunkeln liegt, sind für die Spanne von zwei Jahrzehnten einigermaßen realistische Prognosen möglich. Für diesen Zeitraum hat der Mineralölkonzern Esso den Energieverbrauch in Deutschland vorausberechnet. Demnach wird der Ölkonsum zurückgehen - um zwölf Prozent von 127 auf 112 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2020.

Mit einem Anteil von 36 Prozent am Gesamtverbrauch wird Öl der Energieträger Nummer eins bleiben. Mit 30 Prozent kann Erdgas seinen zweiten Platz im Energiemix ausbauen. Der Verbrauch wird der Prognose zufolge bis 2020 um 34 Prozent steigen. Die Zunahme kommt vom erhöhten Bedarf im Kraftwerkssektor sowie durch die staatlich geförderte Kraft-Wärme-Kopplung.

Der Verbrauch an Primärenergie wird sich der "Esso Energieprognose 2001" zufolge um 4,5 Prozent vermindern und damit nur noch 462 Millionen Tonnen Steinkohle-Einheiten betragen. Am Ende des Vorhersagezeitraums wird es Kernenergie zwar noch geben, allerdings bei stark eingeschränkter Kapazität. Die Steinkohle bleibt drittgrößter Energieträger hinter Erdöl und Naturgas, wenn auch der Verbrauch kurz- und mittelfristig leicht zurückgehen wird. Nach 2020 dürfte der Absatz aber wieder steigen, wenn die Steinkohle den Ausfall der Kernenergie teilweise ausgleichen muss.

Auch die Braunkohle dürfte fester Bestandteil im deutschen Energiemix bleiben. Der Abwärtstrend, den Stilllegungen in Ostdeutschland hervorgerufen haben, ist seit 1999 zum Stillstand gekommen. Überall dort, wo Braunkohle standortnah vorhanden ist, dürfte sie für Kraftwerke oder Erzeugung von Fernwärme verwendet werden.

Weniger stark als von Umwelt- und Klimaschützern erhofft, dürfte die Bedeutung der erneuerbaren Energien zunehmen. Trotz staatlicher Förderung wird ihr Anteil am Primärenergieverbrauch im Jahr 2020 nur etwa fünf Prozent betragen, sagt Esso-Sprecher Karl-Heinz Schult-Bornemann.

Der Anteil alternativer Energien wird sich allerdings erhöhen, wenn das Ende des billigen Öls gekommen ist. Geologe Hiller sagt dies für den Zeitraum nach 2020 voraus, wenn der Rohstoff aus schwer zugänglichem Feldern mit aufwändiger Fördertechnik gewonnen werden muss. Der Abbau von Ölschiefer und -sänden wird mit schätzungsweise sechs bis 60 Dollar pro Barrel (159 Liter) wesentlich teurer sein, als die Gewinnung herkömmlichen Erdöls, die derzeit zwischen zwei und 20 Dollar liegen.

Paul Janositz

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