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Gesundheit: Unis und Fachhochschulen: Neue Harmonie, aber nicht in Berlin - In Mannheim bieten sie gemeinsame Masterstudiengänge an

In Berlin beäugen sich Fachhochschulen und Universitäten eifersüchtig. So eifersüchtig, dass die Unis Angst haben, dass der in Berlin bisher vernachlässigte Ausbau der Fachhochschulen künftig auf ihre Kosten gehen könnte.

In Berlin beäugen sich Fachhochschulen und Universitäten eifersüchtig. So eifersüchtig, dass die Unis Angst haben, dass der in Berlin bisher vernachlässigte Ausbau der Fachhochschulen künftig auf ihre Kosten gehen könnte. Kein Wunder, dass bisher keine gemeinsamen Studiengänge von Universitäten und Fachhochschulen zustande gekommen sind. Dabei bietet sich dieses Feld geradezu an, denn die neuen Studiengänge mit dem Bachelor- und Masterabschlusss soll es an beiden Hochschultypen geben. Keineswegs bleibt der Kurzstudiengang mit dem Bachelor allein den Fachhochschulen vorbehalten und der Master den Universitäten. Dennoch gibt es keine Kooperation. Die Fachhochschulen wünschen die Zusammenarbeit, wie ihre Präsidenten Gerhard Ackermann von der Technischen Fachhochschule in Wedding und Günter Schmidt von der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Karlshorst versichern. Auch der Wissenschaftsrat fordert gemeiname Studiengänge, um die Studienreform voranzubringen. Aber es bewegt sich nichts.

Die Wirtschaft zeigt Interesse

Anders in Baden-Württemberg. Chemie und Pharmazie spielen in dem Industriezentrum Mannheim/Ludwigshafen eine bedeutende Rolle. Wo die Wirtschaft sich um die Hochschulen kümmert, liegen Ideen für neue Studiengänge in der Luft. Die in den Wirtschaftswissenschaften als Spitzeninstitution geltende Universität Mannheim war sich nicht zu schade für die Kooperation mit der Fachhochschule Mannheim. Die beiden neuen gemeinsamen Studiengänge, die zum Wintersemester 2000/2001 vorbereitet werden, greifen den Wandel im Umweltschutz auf. Die Grundidee ist: Der betriebswirtschaftlich ausgebildete Manager muss ebenso wie der Umweltexperte und der Ingenieur heute bereits den Umweltschutz in die Produktion einbeziehen. Das ist kostengünstiger als erst im Nachhinein zu prüfen, wie die Abfälle eines marktgängigen Produktes beseitigt werden können, ob sich Rohstoffe sparsamer einsetzen lassen und ob der Umweltschutz beachtet worden ist.

Die neue Antwort auf die alte Frage, wie sich Wirtschaft und Umwelt verbinden lassen, ist die Integration des ökologischen Denkens in die Produktion. In den integrierten Studiengängen setzt die Fachhochschule auf Chemie-Ingenieurwesen (Chemical Engineering) - der Mastertitel ist nach drei Semestern zu erreichen. Die Universität bietet nach vier Semestern den Mastertitel in der Umwelttechnologie (Enviromental Technologies). Die Fachhochschule bringt außer der Chemie auch die Verfahrenstechnik und den Maschinenbau ein, während die Universität Mannheim Fragen des Umweltrechts und Kenntnisse in der Geographie und Geologie sowie in der Volks- und Betriebswirtschaft sowie im Marketing beisteuert.

Die gemeinsamen Masterstudiengänge werden in den ersten Semestern überwiegend in englischer Sprache angeboten - später tritt der Unterricht in Deutsch stärker in den Vordergrund, und die englischen Lehrveranstaltungen beschränken sich auf Module. Ziel der Zweisprachigkeit ist es, nicht nur Ausländer für diesen Studiengang zu gewinnen, sondern auch Deutsche für den Einsatz im Ausland vorzubereiten. Denn in Sachen Umweltschutz ist Deutschland vielen Ländern voraus. Es kann sein Wissen jedoch nur im Ausland verbreiten, wenn die Fachleute die englische Sprache beherrschen.

Eigene Auswahl der Studenten

Fachhochschule und Universität suchen sich die Studenten für die neuen Studiengänge selbst aus und sie müssen sich dabei nicht an die Kapazitätsberechnungen halten. Bei den Studienbewerben aus dem Ausland verlässt sich die Universität Mannheim nicht auf angeblich hervorragende Bachelor-Zertifikate mit in Wirklicheit zweifelhaftem Wert. Sondern bei der Auswahl der Masterstudenten setzt die Uni auf die Beurteilung von Partnerhochschulen im Ausland, denen sie vertraut. Besonders bei den Masterstudiengängen in der Umwelt denken beide Mannheimer Hochschulen an Interessenten aus Asien. China habe durch die forcierte Industrialisierung mit die größten Umweltprobleme in Asien. Werden die chinesischen Umweltexperten in Deutschland ausgebildet, lernen sie hier zugleich die Industrie und Kultur kennen. Das zahlt sich langfristig für die deutsche Wirtschaft aus. So sieht es jedenfalls der Präsident der Fachhochschule Mannheim, Professor Dietmar von Hoyningen-Huene.

Baden-Württemberg legt großen Wert auf eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten. Für Wissenschaftsminister Klaus von Trotha ist Mannheim Vorreiter auf diesem steinigen Feld. Der Streit zwischen den Universitäten und den Fachhochschulen dauert seit ihrer Gründung in den 70er Jahren. Von Anfang an haben die Universitäten die Fachhochschulen verdächtigt, dass sie am liebsten Universitäten würden mit günstigeren Lehrverpflichtungen und einer ausgebauten eigenen Forschung. Wenn begabte Absolventen der Fachhochschulen promovieren wollen, mussten sie einen Hindernislauf zurücklegen - nach dem Fachhochschuldiplom im selben Fach auch noch das Universitätsdiplom. Die dafür benötigten Extrastudienzeiten machten den Vorteil der kurzen Studienzeit an den Fachhochschulen zunichte.

Die Probe aufs Exempel läuft in den nächsten Jahren: Weil künftig die Universitäten und Fachhochschulen gleichberechtigt die neuen Studiengänge mit dem Bachelor- und dem Masterabschluss anbieten sollen, werden die Fachhochschulen nach dem Willen der Kultusminister der Länder enorm aufgewertet. Mehr noch: Wer den Master einer Fachhochschule in der Tasche hat, darf künftig ohne Umwege und Zeitverlängerung an einer Universität promovieren.

In Baden-Württemberg arbeiten Fachhochschulen und Universitäten zumindest in Mannheim bereits so eng zusammen, dass dort Promotionen von sehr guten Fachhochschulabsolventen ohne Probleme über die Bühne gehen. Selbst wenn die Fachhochschulabsolventen nur an der Universität promovieren dürfen, werden sie doch von ihren FH-Professoren nach wie vor betreut. Nur einige zusätzliche Lehrveranstaltungen müssen sie an der Uni belegen - festgestellt wird der Umfang dieser zusätzlichen Lehrveranstaltungen nach einer Eignungsprüfung, versicherten Wissenschaftsminister Klaus von Trotha und der Präsident der Universität Mannheim, Professor Peter Frankenberg.

Bisher wurden 21 Promotionen von Fachhochschulabsolventen in Mannheim gezählt - nach anfänglichen Schwierigkeiten "läuft es jetzt hervorragend", kommentiert der Minister von Trotha. In Berlin wird die Akzeptanz von guten Fachhochschulabsolventen von Fach zu Fach an den Unis unterschiedlich gehandhabt. Zwar wird nicht mehr das Nachholen des Unidiploms verlangt, aber die zusätzlich geforderten Lehrveranstaltungen und Prüfungen können schon zwei bis vier Semester in Anspruch nehmen. Deswegen gehen etliche ehrgeizige FH-Absolventen zur Promotion ins Ausland. An der City University in London können sie ohne Zeitverlust promovieren.

Uwe Schlicht

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