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Gesundheit: Unter der Wüste liegt das Eis

Von Paul Janositz Marsforschern ging es bisher beinahe wie Kindern bei der Ostereier-Suche. Es musste etwas versteckt sein, die Frage war nur: wo?

Von Paul Janositz

Marsforschern ging es bisher beinahe wie Kindern bei der Ostereier-Suche. Es musste etwas versteckt sein, die Frage war nur: wo? Auf dem Roten Planeten wurden aber keine bunten Eier oder süße Hasen gesucht. Es ging vielmehr um gefrorenes Wasser. Was sich auf unserem Heimatplaneten ganz alltäglich präsentiert, ist auf dem Mars eine neu entdeckte Sensation: Es gibt dort Eis im Boden, und zwar ziemlich nahe an der Oberfläche. Diese Gewissheit brachten jetzt Messungen der Marssonde "Odyssey", die seit Anfang des Jahres um den Planeten kreist.

„Es ist viel mehr Eis, als man erwarten konnte“, sagt Johannes Brückner vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz dem Tagesspiegel. Der Physiker gehört zusammen mit seinem ehemaligen Direktor Heinrich Wänke zu dem Team, das die Daten der Sonde auswertet. Die Ergebnisse haben die Forscher zusammen mit rund drei Dutzend Wissenschaftlern - hauptsächlich aus den USA und Russland - jetzt in „Science-Express“, der Internet-Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift, vorab veröffentlicht.

„Man wusste schon seit einiger Zeit, dass es Wasser auf dem Mars geben muss“, sagt Ralf Jaumann, Planetenforscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Adlershof. Dies zeigten Bilder und Analysen von Bodenproben, die die Marssonde „Viking“ bereits vor drei Jahrzehnten zur Erde funkte. Auf der Oberfläche des roten Planeten fanden sich viele Hinweise, dass es auf dem - so Brückner - „trockenen Wüstenplaneten“ einst sehr viel flüssiges Wasser gegeben haben muss. Man erkennt ausgetrocknete Flussläufe und Seen sowie Linien, die den Küstenverlauf ehemaliger Ozeane kennzeichnen könnten.

„Viking hat damals auch Hinweise auf Wasserdampf gefunden“, sagt Brückner. Allerdings seien die Anteile in der Atmosphäre sehr gering, denn der Druck auf dem Mars beträgt mit zehn Milllibar nur ein Hundertstel des irdischen Wertes. Flüssiges Wasser kann sich daher an der Oberfläche nicht lange halten, es verdampft schnell.

Doch nicht alles Wasser ist vom Mars verschwunden, auch wenn der Boden noch so staubtrocken aussieht. Das legten die Messungen von Raumsonden immer wieder nahe. Doch wo befindet sich das Nass, das den Aufenthalt von Menschen auf dem unwirtlichen, mit durchschnittlich minus 60 Grad sehr kalten Planeten erleichtern könnte?

Weitere Aufschlüsse sollten die ausgeklügelten Instrumente der Marssonde Odyssey geben, die am 7. April 2001 von Cape Caneveral auf die Reise zum bis zu 100 Millionen Kilometer entfernten Planeten geschickt wurde. Die Expedition soll ein komplettes Marsjahr dauern, das 29 Erdenmonate dauert. An Bord ist auch ein Gammastrahlen-Spektrometer, an dessen Entwicklung die Mainzer Forscher mitgearbeitet hatten. „Wir haben die Auswirkungen der kosmischen Strahlung auf die Messergebnisse simuliert“, sagt Brückner. Dazu sei der Kristall aus Germanium, das „Herzstück“ des Spektrometers“ in einem französischen Beschleuniger mit Teilchen bombardiert worden. Es habe sich gezeigt, dass der beträchtliche Schaden durch nachträgliche Erwärmung fast vollständig „geheilt“ werden kann.

Das Spektrometer kann mit Hilfe von Gammastrahlen eine ganze Reihe verschiedener Elemente nachweisen, wie Kohlenstoff, Eisen, Silizium, Magnesium oder Wasserstoff. Auf Letzteres hatten es die Wassersucher besonders abgesehen. Dabei kommt die kosmische Strahlung zu Hilfe, dem der Mars mangels Magnetfeld schutzlos ausgesetzt ist.

Hochenergetische Protonen knallen daher ungebremst auf die Oberfläche. „Das löst einen ganzer Schauer von Teilchen aus“, erklärt Brückner. Darunter befinden sich auch Neutronen. Die Kernbausteine werden abgebremst, wenn sie auf Protonen von Wassermolekülen treffen. Zudem entstehen Gammastrahlen. Die Neutronen und die Gammastrahlung werden gemessen. Darüber hinaus registriert das Spektrometer auch direkt die Wasserstoffatome, die sich bis höchstens einem Meter Tiefe im Boden befinden.

Odysseys Spektrometer stellte große Mengen von Wasser fest. „Etwa soviel wie im Michigan-See“, sagt William Boynton von der Universität von Arizona, einer der Autoren der Studie. Die Verteilung des Wasserstoffs im Boden legt zudem den Schluss nahe, dass das Wasser in einer Schicht etwa zwischen 30 und 60 Zentimetern Tiefe gefroren sein muss. „Es die Spitze eines Eisbergs im Untergrund“, kommentiert Jim Bell von der New Yorker Cornell Universität in „Science“

„Das Eisband zieht sich vom Südpol bis 60. Breitengrad“, sagt Brückner. Am Äquator finde man dagegen kein Wasser. Was sich in der Nordpolregion verbirgt, wird man aber erst in einigen Monaten sagen können. Derzeit verbirgt eine dicke Kappe aus gefrorenem Kohlendioxid die Sicht. Wenn sich dort ebenfalls Eis findet, dürften die Chancen steigen, dass künftige Marsbewohner sich um ihren Wasservorrat keine Sorgen zu machen brauchen.

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