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Gesundheit: Was ans Herz geht

Zwei gängige Medikamente gegen Parkinson haben Nebenwirkungen

Die Parkinson-Krankheit, vor 190 Jahren erstmals beschrieben, ist immer noch nicht heilbar. Doch es gibt eine Reihe von Medikamenten, um die Symptome des Nervenleidens zu lindern. Im Fachblatt „New England Journal of Medicine“ (Band 356, Seite 29 und 39) erschienene Studien weisen jetzt bei zwei der gängigen Parkinson-Mittel Nebenwirkungen nach. Demnach können die Wirkstoffe Pergolid und Cabergolin bei längerer Einnahme die Herzklappen schädigen.

Die zur Klasse der Dopaminagonisten gehörenden Substanzen wirken an den Bindungsstellen des Botenstoffs Dopamin. Bei der Alterskrankheit Parkinson sterben Nervenzellen ab, die diesen Stoff produzieren. Der Mangel an Dopamin lässt die Bewegungen langsam und unkontrolliert werden. Der relative Überschuss anderer Hirnbotenstoffe führt zu dem typischen Zittern und der unangenehmen Muskelsteifigkeit.

Häufig wird das chronische und fortschreitende Nervenleiden mit einem Dopaminagonisten behandelt. Dabei wird Cabergolin besonders oft verordnet, da es ausreicht, täglich eine Tablette zu nehmen. Beide Parkinson-Mittel teilen eine Eigenschaft mit den Appetitzüglern Fenfluramin und Dexfenfluramin, die bereits 1997 als herzschädigend vom Markt genommen wurden. Sie alle werden an den Andockstellen für 5-Hydroxytryptamin 2B (5-HT-2B) aktiv, von denen sich besonders viele auf Herzklappen-Zellen befinden. „Wir hatten starke Hinweise auf den Mechanismus, der zur Veränderung der Herzklappen führt“, erklärte Edeltraut Garbe vom Institut für Klinische Pharmakologie der Charité im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Aus Garbes Arbeitsgruppe stammt die größere der zwei Studien. Die Charité-Forscher, die mit Kollegen aus Montreal kooperierten, nutzten Daten von 11 417 Patienten, denen zwischen 1988 und 2005 Parkinson-Mittel verschrieben wurden, teilweise auch zur Behandlung des Syndroms der „Unruhigen Beine“ (Restless Legs Syndrom).

Wenn bei einem Patienten eine Schwäche der Schließfunktion der Herzklappen diagnostiziert wurde, wurde dieser mit Erkrankten gleichen Alters und Geschlechts verglichen, bei denen das Herz nicht gelitten hatte. Es zeigte sich, dass bei Patienten, die Pergolid bekommen hatten, das Risiko der Schädigung des Herzens gegenüber Kranken, die ein anderes Mittel bekamen, um das Siebenfache erhöht war – bei Cabergolin fast um das Fünffache.

Bei der zweiten Studie aus Italien mit 155 Patienten wurden auch leichtere Schäden an den Klappen registriert. Dabei zeigten bis zu 30 Prozent der Patienten, die eine der beiden Substanzen eingenommen hatten, solche Veränderungen. Bei der Kontrollgruppe waren es dagegen nur sechs Prozent. In einem Kommentar fordert der Pharmakologe Bryan L. Roth aus dem amerikanischen North Carolina, Ärzte sollten keine Medikamente mehr verordnen, die am 5-HT-2B-Rezeptor wirken. Zu der bereits großen Liste dieser Mittel kämen jetzt noch die zwei Parkinson-Präparate hinzu. So weit würde Charité-Forscherin Garbe aber nicht gehen.

„Wir brauchen ein großes Arsenal an Parkinson-Mitteln“, sagt sie. Pergolid und Cabergolin dürften nur bei strenger Kontrolle eingesetzt werden. Man würde dann leichtere Schädigungen der Herzklappen früh erkennen und die Mittel absetzen. Dies würde verhindern, dass das Gewebe zu wuchern anfange, was die Schließfunktion der Klappen beeinträchtige. Regelmäßige kardiologische Überwachung wird bereits heute in der Fachinformation für das seltener verordnete Pergolid empfohlen. „Im Manuskript, das wir beim ,New England Journal’ einreichten, empfehlen wir, auch Patienten engmaschig zu untersuchen, die Cabergolin einnehmen“, sagt Garbe. Diese Empfehlung sei in der Endfassung aber nicht berücksichtigt worden.

Um auf Nebenwirkungen aufmerksam zu werden, sind große Patientendatenbanken sehr wertvoll. Die Charité-Mediziner nutzten für ihre Studie Daten aus Großbritannien, weil vergleichbares Datenmaterial aus Deutschland bisher fehlt. An der Uni Bremen, wohin Garbe bald wechseln wird, soll demnächst eine solche Datenbank mit mehr als zehn Millionen Versicherten aufgebaut werden.

Adelheid Müller-Lissner

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