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Gesundheit: „Wer nur Englisch kann, hat bald ein Problem“

INTERVIEW GUY HAUG arbeitet seit 2001 bei der EU Kommission in Brüssel in der Generaldirektion für Bildung und Kultur Foto: privat Herr Haug, Bologna hört sich für viele Studenten und Dozenten mehr nach einem Urlaubsort an als nach der Stadt, an dem Europas künftige Bildungspolitik bestimmt wurde. Was ist der BolognaProzess?

INTERVIEW

GUY HAUG

arbeitet seit 2001 bei der EU Kommission in Brüssel in der Generaldirektion für Bildung und Kultur

Foto: privat

Herr Haug, Bologna hört sich für viele Studenten und Dozenten mehr nach einem Urlaubsort an als nach der Stadt, an dem Europas künftige Bildungspolitik bestimmt wurde. Was ist der BolognaProzess?

Der Bologna-Prozess drückt den Willen 33 europäischer Staaten aus, ihre Hochschulstrukturen bis zum Jahr 2010 aufeinander abzustimmen. Abschlüsse sollen miteinander vergleichbar sein und der Studentenaustausch zwischen den Ländern vereinfacht werden. Ein hohes Maß an Qualität an den Hochschulen soll außerdem sicherstellen, dass sie im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben.

Das klingt gut, aber Europa scheint nur im Schneckentempo voranzukommen. Glauben Sie wirklich, dass die 1999 in Bologna gesteckten Ziele bis 2010 umsetzbar sind?

Ich denke, dass die Strukturen der Studiengänge umgestellt sein werden, das heißt, dass es überall Kreditpunkte, Bachelor- und Masterstudiengänge sowie eine Form der Akkreditierung geben wird. Aber die längerfristigen Ziele, wie ein höheres Ansehen der europäischen Universitäten in der Welt oder lebenslanges Lernen sind bis dahin nicht völlig erreichbar. Es wird nicht jeder dort studieren können, wo er möchte.

Ist es überhaupt möglich, dass in einer so unterschiedlich entwickelten Hochschullandschaft wie Europa alle jemals die gleichen Standards haben werden?

Von Anfang an gab es im Bologna-Prozess Länder, die weiter waren als andere. Das wird auch noch eine Weile so bleiben. Es geht uns zunächst darum, das größte Hindernis auf dem freien europäischen Arbeitsmarkt zu beseitigen: die Nicht-Anerkennung von Studienabschlüssen.

Haben die Politiker dabei auch daran gedacht, dass ein Auslandsstudium mehr Geld kostet als ein Studium zu Hause?

Das größte Mobilitätshindernis ist die fehlende gegenseitige Anerkennung, nicht die Finanzierung. Es stimmt, dass den Studenten in vielen europäischen Ländern nicht ausreichend Stipendien zur Verfügung stehen. Aber auch die Universitäten sind unterfinanziert. Der Staat kann nicht alleine für ihre Finanzierung aufkommen. Das Wichtigste ist, dass die Universitäten über ausreichend Mittel verfügen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Deutschland als Gastgeberland der Ministerkonferenz steht im Bologna-Prozess selber nicht sehr gut da. Nur zwei Prozent der Studenten studieren in den neuen Studiengängen.

Deutschland sollte umgehend systematisch auf Bachelor und Master umstellen. Das Ausprobieren mit alten und neuen Studiengängen, die parallel angeboten werden, kostet Zeit und Geld. Deutschland war eines der ersten Länder, die umgestellt haben, jetzt hinkt es im europäischen Vergleich hinterher. Durch die Umstellung würden sich die Studienzeiten von sieben auf vier Jahre verkürzen. Auch das spart Geld, das anderswo vernünftiger eingesetzt werden kann.

Wie wichtig ist die sprachliche Vielfalt im vereinten europäischen Hochschulraum?

Sehr wichtig. Im europäischen Hochschulraum der Zukunft wird es zwei Sorten von Menschen geben, die Probleme haben. Erstens die, die kein Englisch sprechen und zweitens die, die nur Englisch sprechen.

Das Gespräch führte Nadja Bleiber

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