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Gesundheit: Wissenschaftliche Internetprojekte: Großrechner im Nebenjob

Mehr und mehr Wissenschaftler entdecken das Internet als eine vielversprechende Möglichkeit, Forschungsvorhaben zu verwirklichen, die einen enormen Aufwand an Berechnungen benötigen. Das Rezept ist einfach: Das auszuführende Programm, zu dessen Berechnung allenfalls ein unerschwinglicher Supercomputer fähig wäre, wird in Häppchen aufgeteilt, die dann zumeist wissenschaftlich unbedarften Benutzern im Internet zum Herunterladen angeboten werden.

Mehr und mehr Wissenschaftler entdecken das Internet als eine vielversprechende Möglichkeit, Forschungsvorhaben zu verwirklichen, die einen enormen Aufwand an Berechnungen benötigen. Das Rezept ist einfach: Das auszuführende Programm, zu dessen Berechnung allenfalls ein unerschwinglicher Supercomputer fähig wäre, wird in Häppchen aufgeteilt, die dann zumeist wissenschaftlich unbedarften Benutzern im Internet zum Herunterladen angeboten werden.

Dieses Teilprogramm sieht aus wie ein Bildschirmschoner, es schaltet sich auch erst dann ein, wenn der Computer ungenutzt läuft, seine Rechenleistung also brach liegt. Der Bildschirmschoner liefert auch einen Statusbericht über den Erfolg des gerade laufenden Teilprogramms.

Am populärsten ist das seit zwei Jahren laufende Projekt SETI@home an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Zur Zeit beteiligen sich nahezu drei Millionen Benutzer aus 226 Ländern an der Suche nach außerirdischer Intelligenz. Die aus dem Weltall auf die Erde treffende Radiostrahlung wird aufgezeichnet und als Datenpakete auf die Rechner überspielt, um dann auf außergewöhnliche Muster untersucht zu werden. Die Summe aller im Projekt beteiligten Computer liefert eine Rechenleistung, die zweimal größer ist als die des derzeit schnellsten Supercomputers der Welt, des ASCI White von IBM.

Ermuntert durch solch eine überwältigende Teilnahme finden sich mittlerweile einige Nachahmer; besonders medizinische Themen erfreuen sich allgemeiner Beliebtheit. So hat die Universität Oxford in Zusammenarbeit mit dem Chiphersteller Intel im April dieses Jahres das Projekt Cure aus der Taufe gehoben. Bei diesem Vorhaben geht es um die Suche nach neuen Medikamenten gegen Leukämie. Moleküle, die für ein Gegenmittel in Frage kommen, werden von einem Programm darauf analysiert, wie sie mit bestimmten Proteinen reagieren.

Das Projekt FightAIDS@home, letztes Jahr vom Scripps Research Institute in Kalifornien ins Leben gerufen, hat sich ein ähnliches Ziel gesetzt: Bestimmte Moleküle sollen untersucht werden, die zu einem Medikament gegen AIDS beitragen können.

Und in Kürze starten britische Klimaforscher vom Rutherford Appleton Laboratory in Oxfordshire das Projekt Casino 21, um eine Prognose über das Klima der nächsten fünf Jahrzehnte zu erhalten. Zuerst wird mit dem Modell das Klima der letzten fünfzig Jahre simuliert und somit überprüft, inwiefern es noch angepasst werden muss. Danach beginnt die Analyse der Daten, um zu einer Vorhersage zu gelangen.

Es gibt auch schon einige Vorhaben, die bereits wissenschaftliche Erträge eingefahren haben. So beschäftigt sich seit einigen Jahren das mathematische Projekt GIMPS (Great Internet Mersenne Prime Search) mit der gelungenen Jagd nach sehr großen speziellen Primzahlen. Zudem haben sich Astrophysiker der Universität Tübingen in ihrem im März beendeten Projekt XPulsar@home mit Monte-Carlo-Simulationen von Röntgenstrahlung beschäftigt, die von Pulsaren ausgesandt wird. Auch hier waren die Forscher mit den erzielten Ergebnissen überaus zufrieden.

Und so ist leicht vorauszusehen, dass die Zahl der wissenschaftlichen Internetprojekte künftig immens wachsen wird. Dennoch kann nur ein kleiner Teil der Forschungsgemeinschaft davon profitieren. Ein Grund dafür ist die sehr große Menge der beteiligten Computer. So entspricht die Leistung eines Rechenzentrums einer mittleren deutschen Universität etwa der Kapazität von 10 000 Personalcomputern. Um diese Zahl von Helfer-PC aber zu erreichen, muss erst einmal das Interesse der potenziellen Teilnehmer, die fast ausschließlich aus wissenschaftlichen Laien bestehen, geweckt werden.

Dies gelingt nur, wenn die Teilnehmer das Ziel des wissenschaftlichen Projekts verstehen und einen Sinn darin sehen, es zu unterstützen. Also werden nur solche Vorhaben von Erfolg gekrönt sein, die entweder einen unmittelbaren, allgemeinen Nutzen versprechen oder einen sportlichen Ehrgeiz entfachen. Sehr speziellen rechenaufwendigen Vorhaben dürfte somit der Weg des verteilten Rechnens via Internet verschlossen bleiben.

Gerhard Weinreich

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