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Gesundheit: Wo liest sich’s am besten?

Das Bibliotheks-Netzwerk scheitert vorerst am eigenen Ranking

Innovationen und öffentliche Bibliotheken? Der einstige Widerspruch in sich soll beim in dieser Woche in Berlin stattfindenden Weltkongress der Internationalen Vereinigung der Bibliotheksverbände (IFLA) endgültig aufgelöst werden. So wird auch das Projekt „Bibliothek 2007” als die Problemlösung für die öffentlichen Bibliotheken in Deutschland gepriesen. Während der Tagung wurde dieses Projekt jetzt mit anderen innovativen Errungenschaften vorgestellt, darunter die Digitale Bibliothek in Dortmund oder die Selbstbedienungsbibliothek in Singapur, die 24 Stunden am Tag geöffnet ist und ohne festes Personal auskommt.

Was die Bertelsmann Stiftung über das Projekt „Bibliothek 2007” mitteilte, enttäuscht jedoch. Vor sieben Jahren hat die Stiftung das „International Network of Public Libraries” ins Leben gerufen, ein internationales Forum, in dem Bibliotheksfachleute aus 11 Ländern Modelle für ein modernes Bibliotheksmangement entwickeln sollten. Man wollte durch einen Vergleich über die Ländergrenzen zu einem Benchmarking kommen, erklärte Bettina Windau von der Bertelsmann Stiftung. Vergleichsmaßstab sollte die Bibliotheks-Ausstattung der besten Länder sein. Einen hochqualifizierten Vergleich auf OECD-Niveau, wie ihn die Schulstudie Pisa leistete, konnte die Bertelsmann Stiftung indes nicht vorlegen.

Als Grundlage für das Projekt „Bibliothek 2007“ sei, so Windau, zunächst eine „Best-Practice-Studie” in Auftrag gegeben worden. Untersucht wurden die Bibliothekssysteme in Dänemark, Großbritannien, Singapur, Finnland und den Vereinigten Staaten. Anhand dieser Studie sollten die Faktoren ermittelt werden, die erfolgversprechend und auf die deutschen Verhältnisse übertragbar seien. Wer nun erwartete, etwas über die erfolgreichsten Methoden im Bibliothekswesen zu erfahren, sah sich enttäuscht.

Es fehlte auch an konkreten Zahlenvergleichen. Angaben, wie viel Bibliothek für wie viele Einwohner in den untersuchten Ländern für nötig gehalten werden, und wie die Vergleichszahlen in Deutschland aussehen, wurden nicht gemacht. Vor über 40 Jahren hatte die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGST) ein Gutachten erstellt, das die Entwicklung und den Ausbau des Bibliothekswesens in der Bundesrepublik Deutschland zum Gegenstand hatte. Darin wurde unter anderem festgehalten, dass die Einwohner größerer Städte nicht mehr als 20 bis 25 Minuten Fußweg zur nächsten öffentlichen Bücherei benötigen sollten. Diese Vorstellungen sind längst Makulatur. Informationen über die realen Verhältnisse in Deutschland sowie den fünf Ländern der Best-Practice-Studie wären aufschlussreich gewesen.

Auf dem Kongress war aber lediglich zu erfahren, dass „wir laufend erfolgversprechende Faktoren ermitteln und sie auf ihre Anwendbarkeit in Deutschland prüfen”. Dieser Prozess sei noch nicht abgeschlossen, sagte Bettina Windau, und sie könne lediglich über „sich wiederholende Elemente, die unsere besondere Aufmerksamkeit erregten”, berichten. Dazu gehöre eine klare Definition der Aufgaben und der Rolle der Bibliotheken. Dann müssten die Leistungserwartungen von Geldgebern, Nutzern und Bibliothekaren auf einen Nenner gebracht werden. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Einbeziehung der Bibliotheken in das Bildungswesen. Länder, die Erziehung und Bildung ernst nehmen und ein umfassendes Konzept entwickelt haben, müssten ihre Bibliotheken leistungsfähig machen und leistungsfähig erhalten. Schließlich sind Zusammenarbeit und Vernetzung der Bibliotheken untereinander notwendig. Damit sollten auch klare Leistungsanforderungen und Anreize zur Weiterentwicklung verbunden sein.

Eines hat die internationale Studie an den Tag gebracht: Ohne eine verlässliche Absicherung ist eine erfolgreiche Arbeit in den Bibliotheken nicht denkbar. Das kann auf gesetzlicher Grundlage geschehen. Aber auch andere Formen der Absicherung sind denkbar. Wichtig ist letztlich nur, dass die Bibliotheken eine tragfähige Basis haben, die auch mittelfristige Planungen ermöglicht. Und das zu gewährleisten ist eine Aufgabe für die Politik. Wohin mangelnde Absicherung der Bibliotheken führen kann, lässt sich sehr deutlich an der Berliner Situation ablesen: Ungeachtet ihrer Bedeutung im Bildungswesen der Stadt wurde in den vergangenen fünf Jahren fast die Hälfte der Stadtteilbibliotheken geschlossen, weil die Bezirke die Kosten nicht mehr aufbringen wollten oder konnten.

Das allgemeine Resümee jahrelanger Arbeit von Fachleuten dürfte dem Fachpublikum geläufig gewesen sein – auch ohne Best-Practice-Studien.

Anne Strodtmann

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