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Grippe: Kritik an Behörden in Deutschland

Während viele Länder auf der Welt Maßnahmen ergriffen, blieben die verantwortlichen Behörden in Deutschland am Wochenende auffallend ruhig. Virologe Kekulé fordert umgehend Maßnahmen

Von Andreas Oswald

Berlin – Während viele Länder auf der Welt Maßnahmen ergriffen, blieben die verantwortlichen Behörden in Deutschland am Wochenende auffallend ruhig. Die ersten alarmierenden Meldungen aus Mexiko und den USA kamen am Freitag. Noch am Samstagmittag erklärte die für Epidemien zuständige Behörde der Bundesregierung, das Robert-Koch-Institut (RKI), man könne nicht sagen, ob die Gefahr bestehe, dass sich das Virus nach Europa ausbreite. Diese Haltung revidierte das RKI erst, als am Nachmittag die WHO-Generaldirektorin erklärte, es bestehe die Gefahr, dass die Schweinegrippe zu einer weltweiten Pandemie werden könnte. Zu diesem Zeitpunkt hatten schon Länder in Asien an den Flughäfen Kameras aufgestellt, mit denen fiebernde Reisende aus Mexiko ermittelt werden können. Das RKI lehnte solche Maßnahmen ausdrücklich ab und äußerte sich weiter zurückhaltend, was die Gefahr angeht. In den Stellungnahmen des RKI wurde bis Sonntag lediglich darauf verwiesen, das RKI berate mit den Bundesländern, was zu tun sei. Der Leiter des Instituts, Jörg Hinrich Hacker, verwies auf die behördlichen Vorgänge. Es gebe in Deutschland Pläne für den Fall einer Pandemie. Entsprechende Strukturen würden derzeit aktiviert. Bis Sonntag hatten immer mehr Länder in der Welt konkrete Maßnahmen an den Flughäfen eingeleitet, nicht nur in Asien und Lateinamerika. In Spanien wurden drei, in Frankreich vier Personen an den Flughäfen ermittelt, die von den Behörden mit Symptomen ins Krankenhaus gebracht wurden. Italien, Russland, Polen und Hongkong gaben Reisewarnungen heraus. In Deutschland gibt es bisher keine Reisewarnung.

Vor dem Hintergrund des Eindrucks, dass die deutschen Behörden am Wochenende eher untätig schienen, gab der Virologe und Seuchenexperte Alexander Kekulé am Sonntagnachmittag eine Erklärung ab, in der er umgehende Maßnahmen forderte. „Obwohl das Risiko noch nicht genau bekannt ist, sollten wir nicht einfach abwarten wie das Kaninchen vor der Schlange“, erklärte Kekulé. „Wir müssen zumindest die Menschen warnen, die derzeit aus Mexiko einreisen. Dazu gehört eine Aufklärung an den Flughäfen über die ersten Symptome der Schweinegrippe mit einem Informationsblatt, die Identifizierung von Risikofällen mit einem Fragebogen und auch das Angebot, sich bei Beschwerden sofort am Flughafen untersuchen zu lassen.“ Damit könne man natürlich die Einschleppung der Seuche nicht sicher verhindern. Aber die Zahl der Menschen, die nichtsahnend einreisen und die Krankheit verbreiten, ließe sich deutlich reduzieren. „Dadurch wird, falls es wirklich der Anfang einer Pandemie ist, die Zeit bis zum großflächigen Ausbruch in Deutschland verzögert. Die Menschen und die Behörden bekommen dadurch wertvolle Zeit, um sich vorzubereiten“, erklärte Kekulé.

Einzig der Flughafen Tegel und der Flughafen München sind bisher tätig geworden. In Berlin gibt es zwar keine Direktverbindung nach Mexiko. Der für den Flughafen Tegel zuständige Gesundheitsstadtrat des Bezirks Reinickendorf, Andreas Höhne, sagte aber, man stehe dennoch mit der Senatsgesundheitsverwaltung und der Flughafengesellschaft in ständigem Kontakt. Würden bei einem Reisenden, der von Mexiko über einen anderen deutschen Flughafen nach Berlin komme, verdächtige Symptome auftreten, sei man darauf vorbereitet, ihn sofort zur Überprüfung in die Charité zu bringen. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Münchener Flughafens.

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