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Hammermord: Liebesbriefe als Beweis

Sie soll die beiden Kinder ihrer Nebenbuhlerin mit einem Hammer erschlagen haben: In Schweden steht eine deutsche Studentin vor Gericht. Sie bestreitet jede Schuld.

Von den schwedischen Boulevardmedien wird sie nur abfällig „die Deutsche“ genannt. Seit Mittwoch steht die deutsche Studentin Christiane S. in Köping nahe Stockholm vor Gericht. Die 32-Jährige soll kurz vor Ostern diesen Jahres eine junge Frau und ihre beiden Kinder mit einem Hammer angegriffen haben. Die 23-jährige Mutter Emma überlebte nur knapp, ihr dreijähriger Max und ihre einjährige Tochter Saga starben noch in jener Nacht.

Der Staatsanwältin Frieda Gummesson zufolge handelte Christiane S. aus Eifersucht. Sie habe es nicht verkraftet, dass ihr schwedischer Exfreund, der 28-jährige Torgny H., in der Mutter der Kinder seine Liebe gefunden hatte, sagt Gummesson. Um dieses Motiv zu untermauern, verlas die Anklage am Mittwoch Liebesbriefe, die Christiane S. an den Exfreund geschrieben hatte. Sie werde sich umbringen, sollte er nicht zu ihr zurückkommen, steht dort. Als ihr Exfreund ihr von seiner Freundin erzählt hatte, schrieb sie außerdem: „Ich sehe jetzt ein, dass du nun das Leben lebst, das ich leben und mit dir teilen wollte. Nicht besonders klug von dir, mir davon zu erzählen.“

Die Angeklagte bestreitet alle Vorwürfe. Vor Gericht saß sie nur wenige Meter von der Mutter der Kinder entfernt. Sie trat entspannt auf. Beim Vorlesen der Briefe schüttelte sie den Kopf, als ob sie nicht verstehe, warum man diese Schriftstücke überhaupt hervorgeholt habe.

Obwohl die schwedische Polizei 30 Beamte mit dem viel beachteten Fall beschäftigte, über 100 Personen befragte und Staatsanwältin Gummesson Ermittlungsmaterial im Umfang von 2700 Seiten übergeben konnte, ist es nicht sicher, ob die deutsche Studentin tatsächlich für schuldig befunden wird.

Die Ermittler sind von ihrer Schuld zwar überzeugt, konnten aber keinerlei DNA-Spuren der Deutschen am Tatort ausfindig machen. Auch die Tatwaffe ist verschwunden. Das wichtigste Beweisstück bislang ist die Aufnahme einer Überwachungskamera, die Christiane S. kurz vor der Tat auf dem Bahnhof von Arboga zeigt. Dort wohnte die neue Partnerin ihres Exfreundes. Christiane S. sagt, sie sei dort hingefahren zu sein, um sich die Ausgrabungsstätte historischer Runensteine anzuschauen.

Das Ergebnis von zwei DNA-Tests sollte für mehr Klarheit sorgen: Ein blutiges Haarbündel, das die Polizei kurz nach der Tat in der Hand der noch auf dem Boden liegenden Mutter entdeckte, wurde überprüft. Eine am Mittwoch vorgelegte Untersuchung zeigte aber, dass es sich um das Haar des Opfers selbst handelt. Der Test hatte nicht früher gemacht werden können, weil die junge Mutter wegen der Hammerverletzungen am Kopf rasiert worden war. „Wir mussten mit dem Vergleich warten, bis Emmas Haar eine bestimmte Länge hatte“, sagte Anders Pommer von der Mordkommission. Außerdem wurde an einem Pullover der deutschen Studentin Katzenhaar sichergestellt. Auch hier ergab der DNA-Test, dass es sich nicht um Haare der Hauskatzen der Familie in Arboga handelt. Andernfalls hätte Christiane S. als so gut wie überführt gegolten.

Die Mutter der beiden toten Kinder konnte bei der Identifizierung der Täterin bislang kaum helfen.Zunächst hatte sie keinerlei Erinnerungen an die Mordnacht. Das sei ein Selbstschutz, weil die Erinnerung an die grausame Tat sie überfordere, sagen schwedische Psychologen. Allerdings passen die langsam wiederkommenden Erinnerungen nach Auskunft der Polizei eindeutig zu der Angeklagten. Es sei eine ungeschminkte Frau mit langen dunklen Haaren und großer Nase gewesen, die nicht Schwedisch sprechen konnte, erinnert sich die in ihrem Ort wegen ihrer Freundlichkeit beliebte Supermarktverkäuferin Emma. Allerdings hat sie die Täterin als klein in Erinnerung, Christiane S. ist jedoch mit 1,80 Meter sehr groß. Beim Prozess sollen 65 Zeugen gehört werden. Mit einem Urteil ist erst in vier Wochen zu rechnen.

André Anwar[Stockholm]

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